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Post und Telekommunikation

Der Gastbeitrag

Den folgenden Beitrag von Dr. Heinz Berger hat die Deutsche Gesellschaft für Post- und Telekommunikationsgeschichte e.V. in ihrem Magazin „Post- und Telekommunikationsgeschichte”, Heft 2/2001, veröffentlicht. Mit freundlicher Zustimmung des Autors wird er Teil dieser Chronik.

Zum Autor:
Dr. Heinz Berger war ab 1976 Mitglied der Führungsakademie im Bundespostministerium, Fachbereich „Wirtschaftliche und Politische Bildung” und ab 1990 Referatsleiter für „Allgemeine Volkswirtschaftliche Angelegenheiten” im Bundesminsterium für Post und Telekommunikation, dem Vorläufer der Regulierungsbehörde.

Die Diskussion um die Errichtung der
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post

von Heinz Berger

Im Jahr 1989, dem letzten Jahr des Bestehens der Deutschen Bundespost (DBP) als einheitliche staatliche Organisation, kannten nur wenige Menschen in Deutschland den Begriff „Regulierung der Telekommunikations- und Postmärkte”. Die DBP war gleichzeitig Verwaltung und Unternehmen, Regelungsinstanz und Marktteilnehmer. Eine besondere Institution für die Regulierung erschien aus Sicht der breiten Öffentlichkeit nicht erforderlich.

Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die Entwicklung, die zwischen der Auflösung der traditionellen DBP und der Errichtung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) liegt. Nach einem kurzen historischen Rückblick und einer knappen Darstellung der Postreformen I und II wird die Regulierungstätigkeit des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation (BMPT) erörtert. Vor diesem Hintergrund wird dann die teilweise recht kontroverse Diskussion um die Errichtung der RegTP nachgezeichnet. Eine wichtige Fragestellung des Beitrags ist, wie sich die Organisationsstrukturen verändert haben und wie diese Veränderungen dazu beitrugen, die Abhängigkeit zwischen Telekommunikations- und Postpolitik und den übrigen Politikfeldern zu vermindern.

 Rückblick 

Von 1924 bis 1989
Bis zum Jahr 1924 war der Haushalt der damaligen Reichs-Post- und Telegrafenverwaltung Bestandteil des Reichshaushalts. Nach dem Ersten Weltkrieg geriet die Postverwaltung des Deutschen Reiches, die zuvor über eine lange Zeit Überschüsse für den Reichshaushalt erbracht hatte, in finanzielle Schwierigkiten. Die Post hatte daher zeitweise Zuschüsse aus der Reichskasse erhalten. Diese Zuschusszahlungen an die Postverwaltung wurden im Jahre 1923 eingestellt. Die Post musste daher ihre Ausgaben aus eigenen Einnahmen bestreiten.

Das Reichspostfinanzgesetz vom 18. März 1924 schrieb die Trennung des Posthaushalts vom Reichshaushalt 1 und die Einsetzung eines Verwaltungsrates vor. Dieser setzte sich aus Mitgliedern zusammen, die von den Bereichen Reichstag, Reichsrat, Reichsfinanzministerium, Postpersonal, Wirtschaft und Verkehr gestellt wurden. Wichtigste Aufgabe des Verwaltungsrates war die „Feststellung des Voranschlags”, also die Genehmigung des Haushaltsplans. Das entscheidende Recht von Parlamenten, Ausgaben und Einnahmen der staatlichen Verwaltung zu genehmigen, ging damit für den Bereich der Deutschen Reichspost (DRP) von Reichstag und Reichsrat auf ein „kleines und besonders fachkundiges Mitwirkungs- und Kontrollorgan” über 2.

Nach der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus in Deutschland wurde das Gesetz zur Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung vom 27. Februar 1934 erlassen. Die DRP blieb als unmittelbare Reichsverwaltung mit einem eigenständigen Minister an der Spitze bestehen. Der Verwaltungsrat der Deutschen Reichspost wurde aufgelöst. Er wurde durch einen Beirat ersetzt, der keine Entscheidungsrechte, sondern lediglich beratende Funktionen hatte. Der Reichspostminister erhielt die Befugnis, wichtige Rechtsverordnungen allein zu erlassen 3.

Nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland (BRD) im Jahre 1949 hatte der Bund die Gesetzgebungskompetenz für das Post- und Fernmeldewesen. Die Deutsche Bundespost (DBP) war in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau zu führen. Ihre Einordnung in den Staatsaufbau der BRD wurde durch das Postverwaltungsgesetz vom 24. Juli 1953 geregelt.

Zu den Politikzielen, die im Postverwaltungsgesetz formuliert wurden, ist Folgendes zu sagen: Im Hinblick auf die Abhängigkeit der Deutschen Bundespost von politischen Kräften und damit auch von tagespolitischen Auseinandersetzungen war ganz entscheidend, dass die DBP „nach den Grundsätzen der Politik der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Verkehrs-, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik zu verwalten” war. Von politischer Bedeutung war schließlich die Vorschrift: Die Verwaltung hat „den Interessen der deutschen Volkswirtschaft Rechnung zu tragen” (§ 2 Abs. 2 Postverwaltungsgesetz).

Die institutionelle Struktur war im Wesentlichen durch folgende Punkte gekennzeichnet: Die DBP wurde durch einen Bundesminister, den Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen, geleitet. Sie war Sondervermögen des Bundes; das Vermögen der DBP war mit eigener Haushalts- und Rechnungsführung ausgestattet. Damit erhielt die DBP ihre Unabhängigkeit vom allgemeinen Bundeshaushalt und hatte die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel aus ihren eigenen Einnahmen zu bestreiten. Das als „Verwaltungsrat” wiedergeschaffene Kontrollgremium, das die Mitspracherechte wahrnahm, die sonst vom Parlament gegenüber der Verwaltung ausgeübt werden, umfasste 24 Mitglieder aus Bundestag, Bundesrat, Wirtschaft, Postpersonal sowie 2 „Sachverständige”

. Die institutionelle Struktur der DBP im Rahmen der Bundesregierung stellte sich wie folgt dar:

Organigramm: Deutsche Bundespost bis 1989

In der Struktur bis 1989 war der Bundesminister für Post- und Fernmeldewesen sowohl politisch leitender Minister als auch Leiter des „Unternehmens” DBP.

Die Kritik am Postverwaltungsgesetz von 1953
Folgende Regelungen und Auswirkungen des Postverwaltungsgesetzes, das bis 1989 gültig war, gaben - neben anderen - besonderen Anlass zu Kritik und zu Änderungsvorschlägen:

Aufgrund der oben dargestellten Politikziele ergaben sich naturgemäß Abhängigkeiten zwischen der DBP und der allgemeinen Politik. 3 Beispiele sollen dies deutlich werden lassen:

In einer Reihe von Fällen standen anderen Ministerien Mitwirkungsrechte zu. Einige Beispiele seien hier genannt: Für den Haushaltsplan („Voranschlag”) bedurfte der Bundespostminister des „Einvernehmens” mit dem Bundesminister der Finanzen, für Gebührenordnungen bedurfte es des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Wirtschaft und für Richtlinien, mit denen Belohnungen geregelt wurden, musste das Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundesminister des Innern hergestellt werden 6. Diese Einwirkungsmöglichkeiten aus anderen Bundesministerien waren über viele Jahre eine Quelle von Auseinandersetzungen. Bundespostminister Leber erklärte im Bundesrat im Jahr 1970, die Post werde in Wirklichkeit durch 4 Kabinettsmitglieder verwaltet, durch den Finanzminister, der die Investitionsentscheidungen treffe, durch den Wirtschaftsminister, der wesentlichen Einfluss auf die Preispolitik nehme, durch den Innenminister, der die Personalpolitik wesentlich beeinflusse, und durch den Postminister, der die übrige Aufsicht führe 7.

Die Verpflichtung zum Ausgleich von Ausgaben und Einnahmen wurde jahrzehntelang so interpretiert, dass der Gesamtbetrag der Einnahmen der DBP den Gesamtbetrag ihrer Ausgaben decken musste (Globaldeckung). Es mussten also nicht notwendigerweise die Kosten einzelner Dienstleistungsarten durch die jeweiligen Gebühreneinnahmen dieses Bereichs gedeckt sein 8. Daraus ergab sich die meist „Quersubventionierung” genannte gegenseitige Finanzierung von Dienstleistungen, insbesondere die Unterstützung des Postwesens durch das Fernmeldewesen, die über Jahrzehnte praktiziert wurde. So betrug die Kostenunterdeckung beispielsweise im Jahr 1975 2,6 Milliarden DM im Postwesen, die Kostenüberdeckung im Fernmeldewesen rund 2,9 Milliarden DM 9. Dieses System entzog dem Bereich Fernmeldewesen die dringend benötigten Finanzmittel für Investitionen und wirkte im Bereich der nicht im Monopol der DBP stehenden Postdienstleistungen als Wettbewerbsverzerrung zulasten der Wettbewerber, so z.B. im Sektor des Pakettransports.

Das Postverwaltungsgesetz enthielt keine Vorschriften über staatliche Monopolrechte. Entsprechende Vorschriften fanden sich im Postgesetz und im Fernmeldeanlagengesetz. Jedoch begünstigte die im Postverwaltungsgesetz angelegte Verbindung von Postpolitik und allgemeinpolitischen Aufgaben des Staates diejenigen politischen Einflüsse, die zu Ausgabensteigerungen im Posthaushalt führten und stärkten auf diesem Weg die Befürworter der Beibehaltung von einnahmewirksamen Monopolrechten. Doch mit der Zeit kam Widerstand gegen die Monopolrechte der DBP, zunächst im Sektor Fernmeldewesen, später im Bereich der Postdienstleistungen auf.

Änderungsversuche zwischen 1965 und 1989
Zwischen 1965 und 1985 wurden mehrere Versuche unternommen, durch Kommissionen realisierbare Vorschläge zur Änderung des Postverwaltungsgesetzes und der Monopole der DBP zu gewinnen; dabei standen institutionelle Änderungen lange Zeit im Vordergrund der Überlegungen. Erst der 1987 vorgelegte Bericht der sogenannten Witte-Kommission hat wesentliche Änderungen bewirkt.

Die folgende Darstellung gibt einen groben Überblick zu den Versuchen der Politik zwischen 1965 und 1984, die Regulierungssituation bzw. die Situation auf den regulierten Märkten zu verändern.

Übersicht: Versuche zur Änderung der Regulierung

Quelle: Grande (1989) 10

Die beiden Berichte von 1965 und 1969 hatten nur wenig Chancen, erfolgreich in Politik umgesetzt zu werden. Dies lag daran, dass man versuchte, die DBP aus dem Bereich der politischen Kontrolle herauszunehmen, um sie selbstständiger und reaktionsschneller zu machen. Da man jedoch nicht gleichzeitig Wettbewerb zulassen wollte, hatte man auch keine Möglichkeit, eine Kontrolle durch den Verbraucher zu schaffen. Man hatte versucht, die Kontrolle durch die Politik abzuschaffen, ohne an die Stelle politischer Kontrolle eine Kontrolle durch den Markt zu ermöglichen. Wer sich nicht wirklich der anonymen Kontrolle des Wettbewerbs aussetzt, hat keinen Grund, sich der Kontrolle der Politik zu entziehen 11.

Als erste Kommission hatte die KtK Vorschläge gemacht, die die künftig zu erwartenden technischen Entwicklungen und die darauf aufbauenden Dienstleistungen im TK-Sektor mit in die Betrachtung einbezog. Allerdings war man auch hier von dem Gedanken ausgegangen, dass die neuen Dienstleistungen staatlich zu erbringen seien und dass die DBP ausreichende Möglichkeiten der Entwicklung neuer Dienste habe. Die Notwendigkeit, ordnungspolitische Veränderungen vorzunehmen, hat dann der Bericht „Informationstechnik” von 1984 beschrieben. Ein Ziel der Politik sollte nun sein, Wettbewerb zwischen Rundfunkanstalten möglich zu machen, indem zusätzliche Kapazitäten für Rundfunkübertragungsleistungen geschaffen wurden.

Die Regierungskommission „Fernmeldewesen” hat sich auftragsgemäß nur mit der Reorganisation des Fernmeldewesens befasst. Allerdings hatten in den 80er Jahren bereits Diskussionen um den Wettbewerb im Telekommunikationsbereich auch außerhalb der Kommission stattgefunden. Diese Diskussionen haben dazu geführt, dass die Arbeiten zur Postreform I bereits kurz nach der Ablieferung des Berichts der Regierungskommission begonnen wurden und teilweise zu einem Ergebnis geführt haben, das von den Vorschlägen dieser Kommission abwich.

Die Entwicklung hat gezeigt, dass erst nach Trennung der bisherigen Aufgaben der DBP in (staatliche) Regulierung und Unternehmenstätigkeit der DBP eine Grundlage dafür vorhanden war, den Blick weg von der DBP und hin zu den Post- und Telekommunikations(TK)-Märkten zu lenken und schrittweise Wettbewerb zuzulassen. Die Sicherung der wirtschaftlichen Grundlagen der DBP war im politischen Raum und in der Öffentlichkeit in der Phase der Vorbereitung der Postreform I als so wichtig angesehen worden, dass sie als eine notwendige Voraussetzung für die Marktöffnung galt. Die Wettbewerber sollten die traditionelle Post nicht gefährden.

Eckpunkte der Postreformen I und II

Eckpunkte der Postreform I
Die Postreform I trat am 1. Juli 1989 mit dem Poststrukturgesetz in Kraft. Als Grundüberlegung des ordnungspolitischen Teils der Postreform I von 1989 war formuliert worden: „Entsprechend der allgemeinen Politik der Bundesregierung soll künftig auch im Fernmeldewesen der Grundsatz des Wettbewerbs die Regel und das Monopol des staatlichen Anbieters die zu begründende Ausnahme sein. Das Fernmeldewesen soll sich deshalb in der Zukunft zur Ausschöpfung der vielfältigen Innovationschancen im Wettbewerb entwickeln. Aus infrastrukturellen Gründen können jedoch bestimmte Bereiche nicht oder nur eingeschränkt dem fernmelderechtlich unregulierten Wettbewerb unterstellt werden. Die verbleibenden Monopole müssen als Ausnahme vom Grundsatz der unternehmerischen Handlungsfreiheit klar, zeitgerecht und eindeutig abgegrenzt sein, um allen Marktteilnehmern Planungs- und Rechtssicherheit zu gewährleisten 12."

Im Bereich der Ordnungspolitik wurde dementsprechend Folgendes geregelt: Das Netz-, das Telefondienst- und das Funkmonopol im TK-Sektor sowie das „Briefdienstmonopol im Postsektor blieben zur Aufrechterhaltung der Finanzkraft der DBP erhalten. Eine ausreichende Finanzkraft aus diesen Monopolen wurde als eine notwendige ökonomische Grundlage zur Erfüllung der Infrastrukturaufgaben angesehen. Alle anderen TK-Dienste und alle TK-Endgeräte konnten im Wettbewerb angeboten werden. An diesem Wettbewerb konnte sich auch die DBP TELEKOM beteiligen.

Die Unternehmen der DBP mussten - entsprechend den Vorschlägen im Bericht der Regierungskommission von 1987 - in Bereichen, in denen sie im Wettbewerb mit anderen Anbietern stehen, beauftragt werden, „Pflichtleistungen” zu erbringen, mit deren Hilfe Infrastrukturaufgaben (z. B. Flächendeckungsverpflichtungen) erfüllt werden sollten. In diesem Zusammenhang wurde von „asymmetrischer Regulierung” gesprochen, da grundsätzlich privaten Unternehmen entsprechende Auflagen nicht gemacht wurden. Im Rahmen der Postreform I war es auch möglich, den Unternehmen der DBP politische Zielvorgaben zu machen. Dieses Instrument ist jedoch nur sehr vorsichtig angewendet worden.

Die oben dargestellten ordnungspolitischen Zielvorstellungen sollten im Rahmen der folgenden politischen Struktur realisiert werden.

Die Aufgaben der früheren DBP wurden in die politisch-hoheitlichen Aufgaben und in betrieblich-unternehmerische Aufgaben aufgeteilt. Die politisch-hoheitlichen Aufgaben wurden vom „Bundesminister für Post und Telekommunikation”, wie er nunmehr neu benannt worden war, wahrgenommen. Diese Aufgaben werden in der Konzeption der Bundesregierung mit dem Begriff „Regulierungsaufgaben” gekennzeichnet. Zum besseren Verständnis erscheint es zweckmäßig, an dieser Stelle eine ganz knappe Definition des Begriffs Regulierung zu geben: Danach ist Regulierung die staatliche Festlegung von Rahmenbedingungen für die Märkte von Telekommunikation und Post mit dem Ziel, diese Märkte zu öffnen, Kunden und (potenzielle) Wettbewerber zu schützen und die notwendige Infrastruktur zu sichern. Wichtige Instrumente der Regulierung sind: Preis- und Qualitätsregulierung bei marktbeherrschenden Unternehmen, Regulierung des Zugangs zu den Telekommunikations- und Postnetzen und die Festlegung von Standards für die Infrastruktur.

Als Grundgedanke der Regulierung wurde in der Konzeption Folgendes formuliert: „Die Bundesregierung geht bei der Regulierung des Telekommunikationssektors von der Leitlinie aus, mit möglichst wenigen Regulierungseingriffen auszukommen. Denn nahezu jede staatliche Regulierungsmaßnahme ist mit Verzerrung ökonomischer Aktivitäten und damit mit Ineffizienzen verbunden."13

Unternehmen der DBP: Die betrieblich-unternehmerischen Aufgaben wurden den 3 Unternehmen DBP TELEKOM, DBP POSTDIENST und DBP POSTBANK zugeordnet. Diese Einheiten wurden als Unternehmen bezeichnet, obwohl sie Bestandteil der Bundesverwaltung waren - ebenso wie vor der Postreform die gesamte DBP. Die „Unternehmen” bekamen je einen Vorstand und einen Aufsichtsrat. Sie stellten jährlich eine Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung auf. Finanztransfers der DBP TELEKOM in Richtung der beiden anderen Unternehmen waren auf diese Weise im Jahresabschluss sichtbar zu machen.

Infrastrukturrat: Die Entstehung des Infrastrukturrates beim BMPT geht hauptsächlich auf die Initiative der Bundesländer zurück, die ihre Beteiligungsrechte, die ihnen das Postverwaltungsgesetz von 1953 gewährt hatte, in den ersten Gesetzentwürfen der Bundesregierung stark beeinträchtigt sahen. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer hielten „deshalb ein Mitwirkungsgremium - bei anderer Zusammensetzung, aber mit vergleichbaren Rechten wie derzeit beim Postverwaltungsrat - auf der Ebene des Bundesministers für Post und Telekommunikation für zwingend notwendig” 14. In das Poststrukturgesetz wurde schließlich ein Infrastrukturrat, der aus je 11 Vertretern des Bundestags und des Bundesrats bestand, aufgenommen. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands waren es entsprechend der höheren Zahl der Bundesländer je 16 Mitglieder.

Das Direktorium hatte keinen Vorläufer im Postverwaltungsgesetz. Es war das einzige (gemeinsame) Organ der Unternehmen der DBP nach der Aufteilung der DBP im Ministerium und 3 Unternehmen. Die Errichtung des Direktoriums ist vor allem als Reaktion des Gesetzgebers während des Gesetzgebungsverfahrens auf Vorwürfe von verschiedenen Seiten (z. B. SPD, Gewerkschaften) zu verstehen, die DBP werde „zerschlagen” 15. Auch Bundesländer setzten sich für eine Stärkung der Kompetenzen des Direktoriums ein.

Das Ergebnis der Diskussionen um das Direktorium hatte den Charakter eines Kompromisses, besonders deshalb, weil das Direktorium nicht über die Aufgaben einer Holding-Gesellschaft verfügte. Das Direktorium der DBP setzte sich aus den Vorsitzenden der Vorstände der Unternehmen der DBP zusammen. Es nahm koordinierende Aufgaben wahr, von denen beispielhaft die Festlegung eines Vorschlags über einen Finanzausgleich zwischen den Unternehmen der DBP erwähnt werden soll. Das Direktorium, das im Rahmen der Postreform II entfallen ist, war ein markantes Zeichen für politischen Druck, der nach wie vor hinter dem Ziel der Erhaltung der Einheit der Deutschen Bundespost stand.

Bundesamt für Post und Telekommunikation (BAPT): Dieses Bundesamt mit Sitz in Mainz war eine Behörde des BMPT, also nicht Bestandteil der DBP und ihrer Nachfolgeunternehmen. Es beschäftigte in der Zentrale und 54 Außenstellen, die über das gesamte Bundesgebiet verteilt waren, damals rund 2.700 Mitarbeiter. Die Hauptarbeitsgebiete des Amtes waren: die Erteilung von Genehmigungen und Lizenzen, die Standardisierung, Funkfrequenzen und Funkstörungen und die Aufgaben der Marktbeobachtung in den Post- und TK-Märkten.

Die institutionelle Struktur der DBP nach der Postreform I sah wie folgt aus:

Regulierungs- u. Unternehmensbereich ab 1989

Eckpunkte der Postreform II
Die Postreform II trat am 1. Januar 1995 mit dem „Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation” (PTNeuOG) in Kraft. Bereits zuvor war (am 30. August 1994) das Grundgesetz (GG) geändert worden, das in seiner vorherigen Fassung nach allgemeiner Auffassung einer Privatisierung der DBP im Wege gestanden hatte. Im Wesentlichen waren es 3 Themenbereiche, die nach der Postreform von 1989 diskutiert wurden und schließlich zur Postreform II führten: Die Aufgabenteilung des BMPT als Regulierungsbehörde, die Frage der Monopole im Post- und TK-Sektor sowie die Organisationsform der Unternehmen der DBP.

Die Hauptergebnisse des Gesetzgebungsverfahrens zur Postreform II waren:
Der Bund war nach der lange Jahre diskutierten Änderung des GG verantwortlich für die Funktionsfähigkeit der nunmehr für Wettbewerb geöffneten Märkte von Post und Telekommunikation. Dienstleistungen in diesen Bereichen wurden seither als privatwirtschaftliche Tätigkeit betrachtet. Diese konnten durch die aus der DBP hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht werden. Die 3 bis zur Postreform II staatlichen Unternehmen der DBP wurden zum 1. Januar 1995 in Aktiengesellschaften umgewandelt. Für die Aufgabe der Aktienmehrheit bei dem Nachfolgeunternehmen der DBP POSTDIENST war eine Mindestwartezeit festgelegt.

Die Aufgaben des BMPT blieben im Wesentlichen erhalten. Diese Aufgaben lagen vorrangig in der Regulierung der Märkte des TK- und des Postwesens, also der Märkte, in denen (vorübergehend) Monopole weiter bestanden.

Die Aktien der 3 Nachfolgeunternehmen der DBP, soweit sie im Besitz des Bundes verbleiben, werden seither in einer „Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost” (BAnst PT), die Holdingfunktionen ausübt, verwaltet.

Das Bundesamt für Post und Telekommunikation blieb erhalten.

Ein Regulierungsrat, der sich ebenso wie der Infrastrukturrat der Postreform I aus Vertretern des Bundes und der Länder zusammensetzte, wurde dem Bundesminister für Post und Telekommunikation zur Seite gestellt. Er wachte insbesondere über die Art und Weise der Realisierung der Infrastrukturverpflichtung, die sich mit Inkrafttreten der Postreform II aus dem GG ergab. Der Regulierungsrat hatte, im Vergleich mit dem Infrastrukturrat, weitergehende Zuständigkeiten.

Die institutionelle Struktur sah nach der Postreform II wie folgt aus:

Regulierungs- und Unternehmensbereich ab 1995

Eine neuere Zusammenfassung zum Thema Postreformen I und II enthält die Einführung in den Beck'schen Kommentar zum Postgesetz (München 2004) 16.

Das Bundesministerium für Post und Telekommunikation als Regulierungsbehörde

Die Schwierigkeiten mit dem Begriff Regulierung
Sowohl nach der Postreform I als auch nach der Postreform II war das BMPT mit Regulierungsaufgaben betraut. Die Konzeption der Bundesregierung zur Postreform I sagt zur Zuständigkeit des BMPT für die Regulierung: „Die Regulierungsinstanz für den Telekommunikationssektor wird der Bundesminister für Post und Telekommunikation sein.”

Dies bedeutet: Das Ministerium sollte nach 1989 (Postreform I) neben politischen Aufgaben (z. B. Gesetzesvorbereitung) und Eigentümeraufgaben (Verwaltung des Vermögens der DBP-Unternehmen) auch die Regulierungsfunktion übernehmen. Was Regulierung im Post- und TK-Bereich bedeuten würde, war der Öffentlichkeit nach dem Inkrafttreten der Postreform allerdings nur mit Schwierigkeiten zu erläutern. Dies galt insbesondere für die Aussagen, dass das BMPT zum Zweck der Deregulierung Regulierungsaufgaben wahrnehmen müsse.

Das Poststrukturgesetz (zur Postreform I) verwendete den Begriff Regulierung nicht. Zwar gab es eine Reihe von Instrumenten, die der Regulierung dienten, jedoch waren in diesem Gesetzeswerk keine auf die Post- und TK- Märkte ausgerichteten Regulierungsziele genannt. Diese Situation brachte Missverständnisse mit sich, so dass immer wieder versucht werden musste, die Aufgabe der Regulierung zu erläutern. Bei den Auseinandersetzungen um die Rolle des Bundesministers für Post und Telekommunikation als Regulierungsbehörde „wurde die Rolle des Regulierers grundsätzlich in Frage gestellt” und es wurden „ureigenste Aufsichtsrechte über den Markt sowie die Schiedsrichterrolle bei der DBP TELEKOM gesehen... Nicht selten führte dies zu Thesen in der Form, daß das BMPT als 'Obervorstand' über die Unternehmen fungiere und deshalb am besten abzuschaffen wäre, da ja hierdurch nur die unternehmerischen Entscheidungen der DBP TELEKOM beeinträchtigt würden” 17. Das Missverständnis war weit verbreitet, dass bereits mit der Privatisierung der DBP-Unternehmen der Grund für die Regulierung des Marktes für Post und TK entfallen sei.

Die Regulierungsaufgaben, die durch die Postreform I entstanden sind, lassen sich in 2 große Bereiche einteilen. Der erste Bereich bestand darin, bestimmte Märkte, die noch nicht durch Gesetz dem Wettbewerb geöffnet waren, auch privaten Unternehmen zugänglich zu machen. Der Postminister konnte hier unter bestimmten Bedingungen sein Recht zur Erteilung von Lizenzen an private Unternehmen zur Betätigung in Monopolbereichen ausüben. Satelliten- und Mobilfunkkommunikation waren rechtlich gesehen Bestandteile des Monopolsektors des Bundes geblieben. Sie sind jedoch durch die Lizenzvergaben aus ökonomischer Sicht zu Wettbewerbsmärkten gemacht worden.

Der zweite Bereich der Regulierungsaufgabe umfasste die Verhaltenssteuerung der DBP- Unternehmen mit Monopolrechten, POSTDIENST und TELEKOM. Die DBP TELEKOM wurde als ein besonderer Marktteilnehmer angesehen. „Zum einen war sie aufgrund ihrer Marktmacht, die sie in Ausübung ihres Monopols in den letzten Jahrzehnten erworben hat, wie kein anderer Marktteilnehmer in der Lage, Wettbewerb weitgehend zu ersticken 18." Zum anderen erbrachte sie Monopolleistungen und Wettbewerbsleistungen unter einem Dach, sodass zu befürchten war, dass sie ihre Wettbewerbsdienstleistungen aus den Monopolerträgen subventionieren würde.

Insgesamt ist festzuhalten, dass in den ersten Jahren die Regulierungstätigkeit des BMPT, die unter diesem Begriff im Gesetz zur Postreform I ja nicht ausdrücklich enthalten war, erst herausgearbeitet und dann der Öffentlichkeit verständlich gemacht werden musste. Dabei ging es fast ausschließlich um die Regulierung der DBP TELEKOM. Fragen der Regulierung der Postmärkte kamen erst einige Jahre später, nämlich bei den ersten Lizenzierungsschritten im Postsektor zum Tragen.

Durch die Postreform II haben sich die Regulierungsaufgaben des BMPT grundsätzlich nicht geändert, da zunächst die Monopolrechte unverändert weiter bestanden.

Kritik an der Regulierungsbehörde BMPT
Kritik an der Postreform I: Hier soll nicht die gesamte Kritik an der Postreform I dargestellt werden. Wichtig für das Verständnis der späteren Entwicklung ist jedoch, welche Kritik im Hinblick auf die Eignung der politischen Struktur für die Realisierung der gesetzten Ziele geübt wurde.

Unbehagen wurde laut wegen der Vermischung von Hoheitsaufgaben und Unternehmensaufgaben. Der tatsächlichen Trennung stand eine Reihe von rechtlichen und tatsächlichen Hindernissen entgegen, von denen hier nur 2 Beispiele genannt werden: Der Minister berief im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat der DBP-Unternehmen das Führungspersonal der Unternehmen, und der Minister entschied (im Benehmen mit dem Bundesminister der Finanzen) über die Verwendung der Gewinne der DBP-Unternehmen. Diese Aufgabenmischung war als eine bemerkenswerte legislative Fehlleistung bezeichnet worden.

Ein Problem, das auch mit der Postreform II nicht gelöst werden konnte, ist das des Zusammenwirkens von Eigentümer- und Regulierungsfunktion im BMPT. Der demokratische Staat ist in aller Regel nicht in der Lage, den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil aus seinem Eigentum zu ziehen, weil seine Eigentümerrolle nicht nur von wirtschaftlichen Erwägungen geprägt ist, sondern von einer Vielzahl politischer Einflüsse bestimmt wird. Demgegenüber würde die Führung eines Unternehmens, die privaten Eigentümern verantwortlich ist, versuchen, nach kostensteigernden oder ertragsmindernden Eingriffen eines Regulierers diese Maßnahmen auszugleichen: Ein ökonomisch belastender Regulierungseingriff würde dann also eine Rationalisierungsanstrengung zur Folge haben. Aufgrund der Eigentümersituation - die DBP war Bestandteil der Staatsverwaltung - fehlte dieser Druck jedoch weitgehend und damit die Steuerungsmöglichkeit durch Regulierungseingriffe.

Darüber hinaus konnte sich auch ein Interessenkonflikt zwischen der Aufgabe des Staates, sein DBP-Vermögen zu sichern, und der anderen Aufgabe, die Märkte für Wettbewerber der DBP-Unternehmen zu öffnen, ergeben. Dass solche Interessenkonflikte innerhalb eines Ministeriums fair ausgetragen werden könnten, daran zweifelten häufig die potenziellen Wettbewerber der DBP-Unternehmen.

Kritik nach der Postreform II: Im Rahmen der Kritik der Postreform II nahm die Tatsache, dass die Märkte nicht stärker für Wettbewerb geöffnet wurden, einen breiten Raum ein. Auch die Postreform II war nur ein weiterer Schritt auf einem längeren Weg. Andererseits ist mit der Änderung des Grundgesetzes die rechtliche Basis für die Weiterentwicklung der Post- und TK-Märkte zur Privatisierung und mehr Wettbewerb geschaffen worden.

Wie schon in der Diskussion vor und nach der Postreform I nahm auch hier die Frage der Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde einen breiten Raum ein. In einem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium für Wirtschaft wurde festgestellt, dass es auch bei Einführung von mehr Wettbewerb auf absehbare Zeit einer Verhaltens- und Strukturkontrolle bedürfe, die im Wesentlichen die Missbrauchs- und Tarifaufsicht umfassen solle. Diese Aufgabe sollte von einer unabhängigen Behörde wahrgenommen werden, für die sich am ehesten das Bundeskartellamt anbiete. Wenn man den „Weg der Verrechtlichung und Entpolitisierung” gehe, entfalle jeder Bedarf, Entscheidungen auf der Ebene eines Ministeriums „als eines politisch legitimierten Organs” zu treffen 19. Erörtert wurde auch, die Regulierungsaufgaben einer organisatorisch weitgehend verselbstständigten Regulierungsbehörde zu übertragen.

Die Umwandlung der DBP zu Aktiengesellschaften sollte auch der Effizienzsteigerung im Sektor TK und Post dienen. Im politischen Raum gilt es aber beispielsweise, regionalpolitische oder sozialpolitische Ziele zu verfolgen sowie Arbeitsplätze zu erhalten. Damit wird der Eigentümer, der gleichzeitig Regulierer ist, mitverantwortlich für die weiter bestehende geringe Wirtschaftlichkeit der im öffentlichen Besitz befindlichen Aktiengesellschaften. Der hier anzuführende Kritikpunkt ist somit, dass die Aktien der Unternehmen der früheren DBP nicht in Privatbesitz waren bzw. sind. Notwendig wäre es, schrittweise zu einer vollständigen Überführung der Aktien in Privatbesitz zu gelangen. Erst dann ist der Staat nur noch Regulierungsinstanz und gerät nicht mehr in den beschriebenen Interessenkonflikt 20.

Zusammenfassung und Wertung: Zu den Begünstigten der alten Struktur und des Monopols gehörten die Beschäftigten der Post und der Zulieferindustrie. Die DBP war zu der Zeit der Postreform I mit über 560.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber der BRD. Die Deutsche Postgewerkschaft (DPG) als eine der größten Einzelgewerkschaften unter dem Dach des DGB fürchtete bei einer Änderung von Struktur und Monopolabgrenzung Nachteile für das Personal und die eigene Organisation. Die DPG hatte aufgrund ihres hohen Organisationsgrades (nahezu drei Viertel des Personals der DBP) und ihrer Vertretung in den Personalräten auf allen Ebenen der DBP sehr hohes Gewicht bei der Vorbereitung von Sach- und Personalentscheidungen. Große Teile der SPD unterstützten diese Haltung der DPG. Auch ein Teil der Vertreter von CDU und CSU, besonders in den Bundesländern, stemmte sich gegen die Postreform I 21.

In großen Teilen der deutschen Herstellerindustrie für Telekommunikationsanlagen gab es ebenfalls ein Interesse an der Beibehaltung des Monopolstatus der DBP. Das Management und die Beschäftigten der Herstellerindustrie für TK-Geräte rechneten im Falle einer Marktliberalisierung mit Marktanteilverlusten aufgrund der Konkurrenz aus dem Ausland. Bei der Auftragsvergabe wurde es als Aufgabe der DBP angesehen, der inländischen Industrie eine Basis für den internationalen Konkurrenzkampf zu verschaffen. Absatzmengen in Deutschland sollten die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen in möglichst hohem Umfang finanzieren. Auch sollte die Marktreife der Einrichtungen getestet und bewiesen werden.

Es war die weit verbreitete Einschätzung der Politik, breite Nutzerschichten und entsprechend große Wählerschichten würden sich im Falle einer Effizienzorientierung des Fernmeldewesens tendenziell als Verlierer des Veränderungsprozesses verstehen. Vor allem wurde eine Differenzierung der Preise zugunsten der Großkunden und zulasten besonders der Bewohner des „flachen Landes” befürchtet. Die Subventionierung von Orts- und Nahgesprächen aus dem Ferngesprächsgebührenaufkommen sollte nach allgemeiner Auffassung zur finanziellen Schonung von Privatkunden führen. Auch die Subventionierung der „gelben” Post durch das Fernmeldewesen der DBP war in der breiten Öffentlichkeit unumstritten 22. In der Politik profitierten diejenigen, die sich mit sozialpolitisch orientierten Forderungen an die DBP und ihren Minister wandten. Der traditionell hohe Organisationsgrad der Postangehörigen vor allem bei der Deutschen Postgewerkschaft verschaffte dieser Gewerkschaft hohen öffentlichen Einfluss. Dieser Einfluss wurde dadurch verstärkt, dass in vielen Regionen Deutschlands die nach dem Personalvertretungsgesetz zu wählenden Personalratsmitglieder Mitglieder der DPG waren.

Innerhalb des Personals waren die Führungskräfte des Fernmeldewesens - soweit erkennbar - mehrheitlich für eine Reform der Struktur. Sie konnten es häufig nicht einsehen, dass jährlich Milliardenbeträge zur Subventionierung der „gelben” Post verwendet werden mussten und so dazu beitrugen, die Investitionsmittel des Fernmeldewesens zu verringern.

Die Hersteller von TK-Einrichtungen kann man zwar mehrheitlich, aber nicht vollständig zu den retardierenden Kräften rechnen. Dem Verfasser sind aus der Zeit der Vorbereitung der Postreform I auch Stellungnahmen der Firma Siemens AG bekannt geworden, die sich dafür ausgesprochen hatten, die DBP dem Wettbewerb auszusetzen. Die Internationalisierung der Angebotspalette von Siemens würde dadurch erleichtert werden. Die Firma IBM sprach sich deutlich für eine Reform aus. Die Großkunden, besonders diejenigen mit internationalen Vergleichsmöglichkeiten, vermissten in der TK in Deutschland besonders ein differenziertes Angebot und die international häufig niedrigeren Preise. Auch die Servicegüte und geringe Schnelligkeit wurden bemängelt. Dies führte zu einer Pro-Reform-Haltung bei Großkunden der DBP. Naturgemäß haben sich potenzielle und bereits existierende Wettbewerber für eine Reform ausgesprochen, die die Märkte öffnen und die Finanztransfers aus dem Monopolsektor, die zu Preisstützungen für Wettbewerbsdienste führten, verhindern würde.

In der Politik standen traditionell ausgerichtete Kräfte (SPD, sozialpolitisch ausgerichtete CDU-Politiker, viele CSU-Politiker) reformorientierten Kräften gegenüber, die sich vor allem aus wirtschaftsorientierten CDU- und FDP-Politikern rekrutierten. Die politische Ebene des Postministeriums (Minister, Staatssekretäre und Abteilungsleiter) war mehrheitlich für Reformschritte, nicht aber die große Mehrheit in den Direktionen und Ämtern der DBP.

Fasst man die beiden Postreformen I und II zusammen, so kommt man zu dem Ergebnis, dass trotz aller Kompromisse, wie sie sich etwa in der Institution des Direktoriums und im Infrastruktur-/Regulierungsrat manifestiert haben, die beharrenden Kräfte nicht durchsetzen konnten. Zwar stand die Mehrheit der Bevölkerung der Reform ablehnend oder indifferent gegenüber, und auch die Mehrheit der Postangehörigen gehörte zu den Reformgegnern. Trotzdem wurden die Reformen realisiert. Diese Tatsache stützt weder die These, dass Politiker regelmäßig eigennützig im kurzfristigen Interesse ihrer Wiederwahl agieren, noch die Theorie, dass Bürokratien im Regelfall ihre Interessen durchsetzen. Allenfalls lässt sich die Tatsache, dass das Ergebnis der Postreform von 1995 erst durch den zweiten Anlauf erreicht werden konnte, als Erfolg von Bürokratie, Gewerkschaften und stimmenmaximierenden Politikern deuten.

Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post

Diskussion zum Ablauf der Regulierungsarbeit
Durch das Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 25. Juli 1996 wurde für die Sektoren von Telekommunikation und Post eine eigenständige Regulierungsbehörde geschaffen. In diesem Kapitel wird die Diskussion zum Arbeitsablauf in der mit der Bezeichnung RegTP versehenen Institution beschrieben. Diese Diskussion ist vor allem durch die (potenziellen) Wettbewerber der bisherigen Monopolunternehmen bestritten worden. (Die später darzustellende Diskussion zu Fragen der Aufbauorganisation des Regulierungsbereichs wurde dagegen auch von Politikern, Wissenschaftlern und Anwälten getragen.)

Die Begründung im Entwurf des TKG beschreibt die Aufgabe einer eigenständigen Regulierungsbehörde wie folgt: „Der Regulierungsbehörde obliegt es, den Telekommunikationsmarkt aus seiner bisher monopolistischen Struktur herauszulösen und die Entwicklung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs zu fördern. Die notwendigen Regulierungsaufgaben gehen über eine bloße Missbrauchsaufsicht weit hinaus und erfordern eine Regulierungsinstanz, die ihre fachlichen Entscheidungen möglichst unabhängig treffen kann.” Die folgende Darstellung der Diskussion um die Anforderungen an die Regulierungstätigkeit basiert vorrangig auf der Auswertung von Anhörungen, die während der Zeit der Vorbereitung des TKG und des Postgesetzes (PostG) stattgefunden haben. Folgende Unterlagen wurden ausgewertet: Material zur Anhörung des BMPT zum Referentenentwurf für ein PostG am 7. 3.1995, Material zur Anhörung des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes am 13. 3. 1996, Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997, Protokoll der Anhörung vom 7.1.1997. Zu den Anhörungen waren u. a. Wissenschaftler, Verbände, öffentliche Institutionen, Unternehmen, auch Deutsche Telekom AG (DTAG) und Deutsche Post AG (DPAG), Beratungsunternehmen, Rechtsanwälte und Gewerkschaften geladen. Transparenz, Effizienz und Qualität waren die hauptsächlichen Eigenschaften, die im Vorfeld der Entstehung des Regelwerkes für den Arbeitsablauf in der Regulierungsbehörde gefordert worden waren.

Die Bedeutung der Transparenz des Entscheidungsablaufs
Versucht man, sich einen Überblick über die Diskussion zur Bedeutung der Transparenz in der Arbeit der Regulierungsinstitution zu verschaffen, dann findet man häufig folgende Begriffe: Vertrauen, Verstehen, Vorhersehbarkeit und Akzeptanz. Das folgende Zitat zeigt die Befürchtungen neuer Wettbewerber: „Zwischen BMPT und der DTAG bestehen sehr enge Beziehungen, die auch informelle Kontakte erleichtern. Die neuen Mitbewerber der DTAG sind demgegenüber darauf angewiesen, offizielle Wege und Verfahren zur Stellungnahme zu nutzen...Wird die Anhörung von betroffenen Wirtschaftskreisen bei der Vorbereitung von Vorschriften, wie bisher informell gehandhabt, so haben neue und mittelständische Wettbewerber deutlich geringere Chancen, mit ihren Ansichten bei Ministerien und Behörden gehört zu werden, als die DTAG.” (Bundesverband Informations- und Telekommunikationssysteme e.V.) 23

Eine Anwaltskanzlei, Rechtsanwälte Wilmer, Cutler, Pickering (WCP), wies in einer Ausarbeitung auf die USA hin: Dort hat man, so wird berichtet, über Jahrzehnte Erfahrungen mit der Beteiligung von Experten, Unternehmen und Verbänden im Prozess der Entstehung von Vorschriften durch Regulierungseinrichtungen gesammelt. Unterschieden werden informelle Anhörungsverfahren, die interessierten Kreisen Gelegenheit geben, zu den veröffentlichten Entwürfen von Regelungen schriftliche Stellungnahmen abzugeben und außerdem formelle Anhörungsverfahren, die mündliche Anhörungen einschließen. Die amerikanische FCC beteiligt die Wettbewerber in allen Fällen in einem stark formalisierten Prozess. Jeder Antrag wird veröffentlicht, ebenso jede Stellungnahme und die Ergebnisse mündlicher Besprechungen 24.

Aufgrund der oben beschriebenen Bedenken der Wettbewerber, die aus der Vergangenheit herrührenden persönlichen Verbindungen zwischen dem Regulierer und der Deutschen Telekom AG bzw. der Deutschen Post AG könnten sich vorteilhaft für diese Unternehmen auswirken, wurde nun gefordert: „...Anhörungen beim Erlass von Regelungen im TK-Sektor in der Weise zu formalisieren, dass alle interessierten Kreise in gleicher Weise Gelegenheit erhalten, zu Entwürfen Stellung zu nehmen und die Stellungnahmen anderer zu kommentieren” (WCP). Für die Verfahren vor den Beschlusskammern wurde gefordert, dass die „Auswahl der anzuhörenden Unternehmen und Personen...nach objektiven Kriterien stattzufinden” hat. „Für willkürliche, an individuellen Beziehungen ausgerichtete Verwaltungspraxis ist insofern kein Raum” (Rechtsanwaltskanzlei Bruckhaus, Westrick, Stegeman (BWS) 25.

Unter den vielen Stellungnahmen zum Thema Transparenz findet sich nur eine einzige, die zu dem Problem der Korruption Stellung nimmt. Ein Teilnehmer der Anhörung 3/96 (Dr. Falk Peters) 26 schreibt zur Frage der Korruptionsgefahr: „...in Anbetracht der gewaltigen Befugnisse der Regulierungsbehörde kann man diesen Feind jeglichen fairen Wettbewerbs gar nicht ernst genug nehmen. Korruption gehört auch in Deutschland zu den größten gesellschaftspolitischen Problemen. Das Problem kann aufgrund der verfassungsmäßigen Funktion des Parlaments zur Kontrolle von Regierungstätigkeit nur auf der Ebene des Deutschen Bundestages angegangen werden.” Der Vorschlag, der im weiteren Verlauf der Ausführungen von Peters gemacht wurde, dass der Deutsche Bundestag über die Veröffentlichungspflichten der Regulierungsbehörde hinaus eigene gesetzliche Informations-, Beratungs- und Offenlegungsrechte erhält, ist, soweit erkennbar, nicht weiter diskutiert worden.

Die Transparenzverpflichtung bringt neben den Anhörungspflichten auch Informationspflichten für den Regulierer mit sich. Häufig ist gefordert worden, die Arbeit der Regulierungsbehörde so zu gestalten, dass neu in den Markt eintretende Unternehmen, insbesondere mittelständische, mit geringem Aufwand erkennen können, wie Entscheidungen gefällt werden, nach welchen Kriterien sie getroffen werden und wie die Unternehmen ihre Interessen artikulieren können.

Schaffung von Effizienz
Die Effizienz, soweit sie durch den Arbeitsablauf bestimmt wird, ist abhängig im Wesentlichen von den Faktoren Schnelligkeit sowie von der Fähigkeit zur Anpassung des Personals an Art und Umfang der anfallenden Regulierungsaufgaben.

Die Arbeit der Regulierungsbehörde, insbesondere die Dauer der Entscheidungsfindung „kann für Newcomer von existenzieller Bedeutung sein” (Arbeitsgemeinschaft Telekommunikation 27). Hier wurde auch der Gegensatz zwischen der Forderung nach einer schlanken Behörde und einer schnell arbeitenden Behörde angesprochen: „Schnelligkeit kann ich angesichts der Aufgaben, die das TKG für die Regulierungsbehörde vorsieht, nicht allein mit einer schlanken Behörde erreichen...” (Rechtsanwälte Clifford, Chance 28). Einige Stimmen empfehlen, Entscheidungen so weit wie möglich zügig zu treffen. Dies sei auch dann notwendig, wenn die Möglichkeit besteht, dass sie „teilweise eben nicht so ganz richtig” liegen (Zentralverband Elektrotechnik und Elektroindustrie) 29. Insgesamt ist der Eindruck vorherrschend, dass die Forderung nach schnellen Entscheidungen der Regulierungsbehörde für viele Unternehmen deutlich wichtiger ist als die oft erhobene Forderung nach schlanken und kostengünstigen Verfahren in dieser Behörde.

Doch immer wieder wurde auch die Auffassung vertreten, eine schlanke, effiziente und flexible Regulierungsbehörde biete die besten Voraussetzungen für den Übergang in den vollständigen Wettbewerb (DTAG) 30. Daher wird Wert darauf gelegt, dass die Behörde „personell auf ihre Aufgabe ausgerichtet ist und...nicht historisch bedingt zu viele Mitarbeiter oder Mitarbeiter mit falscher Qualifikation beschäftigt” (Firma Colt) 31.

Dagegen wird von einem Verband darauf Wert gelegt, dass die Behörde durch eine ausreichende Ausstattung mit qualifiziertem Personal gekennzeichnet ist, langfristig allerdings in ihrer personellen Besetzung zurückgefahren werden muss (Deutscher Industrie- und Handelstag (DIHT)) 32.

Von einem Hochschullehrer (Prof. Knieps) wurde darauf verwiesen, dass der Übergang von einem Ministerium zu einer Regulierungsbehörde nicht darüber hinwegtäuschen darf, „dass auch in Zukunft die Regulierungsaufgaben durch Bürokraten wahrgenommen werden” 33. Da von der Regulierungsbehörde nicht erwartet werden könne, dass sie sich nach dem Wegfall des tatsächlichen Regulierungsbedarfs selbst auflöse, müsse der jeweils verbleibende Restregulierungsbedarf zur Marktmachtdisziplinierung periodisch „in einem transparenten institutionellen Verfahren überprüft werden” 34. Der Vorschlag sieht vor, die Entscheidung über die spätere Auflösung der Regulierungsbehörde einer unabhängigen Instanz zu übertragen. Dazu schlug er eine „Review-Kommission” vor, die aus Mitgliedern des Bundeskartellamtes und den Vertretern der Wissenschaft zusammengesetzt werden könne.

Anforderungen an das Personal
Die Wirksamkeit einer Regulierungsbehörde hängt in hohem Maß von dem dort tätigen Personal ab. Es verwundert daher nicht, dass die Diskussion um die Anforderungen an das Regulierungspersonal in den Anhörungen, aber auch in Publikationen (so z.B.: WCP, 1996) breiten Raum einnahmen. Diese Quellen zeigen, dass 3 Merkmale als besonders wichtig angesehen wurden: Überzeugung, Qualifikation und Unabhängigkeit.

Präsidium und Mitarbeiter der Behörde müssen nach häufig geäußerter Meinung von der Sinnhaftigkeit eines dynamischen Wettbewerbs in den Märkten von TK- und Postdienstleistungen überzeugt sein und auch von der Notwendigkeit, kleinere und mittlere Unternehmen durch marktkonforme Regulierungsentscheidungen zu fördern. „Nur mit diesem Geist” kann die Umsetzung des TKG und des PostG gelingen (siehe auch DIHT) 35.

Die Aufgabe, „von einer Monopolsituation langsam Wettbewerb zu entwickeln, ist eine außerordentlich schwierige Aufgabe, die höchste Qualifikation von dieser Regulierungsbehörde verlangt” 36. Diese Äußerung Wittes wurde in den Anhörungen in verschiedenen Formulierungen wiederholt. Die deutsche Verwaltung, so Witte, konnte Erfahrungen sammeln in der Aufgabe, private Unternehmen in staatliche Unternehmen umzuwandeln und auch darin, staatliche Unternehmen zu verwalten und zu regulieren. Die Umwandlung eines Staatsbetriebes in einen privatwirtschaftlichen und im Wettbewerb sich befindenden Unternehmen ist nach Witte eine neue Aufgabe.

Die Spitze der Regulierungsbehörde besteht aus einem Präsidenten und 2 Vizepräsidenten. Es ist darauf hingewiesen worden, dass die 3 Personen der Spitze bei ihrer Aufgabe, Wettbewerb zu schaffen, „sehr stark unter Druck stehen werden” 37. Aus diesem Grund werden Persönlichkeiten gefordert, die „druckbeständig” sind. Die Frage, ob diese Mannschaft eher aus der Wirtschaft kommt oder ob es sich eher um Beamte handeln sollte, wurde gänzlich unterschiedlich beantwortet. Teilweise werden Managementfähigkeiten gefordert, und es wurde auf gute Erfahrungen mit Führungskräften aus der Wirtschaft (z.B. bei der Bundesanstalt für Flugsicherung) hingewiesen. Demgegenüber wurde von mehreren anderen Teilnehmern ausgeführt, dass die wirkliche Unabhängigkeit nur von Beamten auf Lebenszeit erwartet werden könne. Keinesfalls sollten politische Beamte, die als solche jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, an der Spitze der Regulierungsbehörde stehen.

Nur relativ wenige Äußerungen sind zu der Frage nach den notwendigen Kenntnissen der Spitzen-Crew bekannt geworden. Neben der Forderung nach „hoch qualifiziertem Management/Kompetenz” (VIAG AG) 38 gibt es nur die Äußerung, dass von den Mitgliedern des Präsidiums einer Wettbewerbsrechtler sein müsse und die beiden anderen müssten Ökonomen sein.

Zu der Frage, welche Erfahrungen des Fachpersonals nötig sind, standen sich 2 Auffassungen diametral gegenüber. Die eine Forderung ging dahin, dass die Regulierungsbehörde nicht zu einer Beschäftigungs-Sicherungseinrichtung für frei werdende Ministeriumsmitarbeiter werden dürfe (Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände) 39. Dagegen wurde von anderen geäußert, dass das Ziel der Regulierung nur erreicht werden könne, „wenn bereits jetzt Weichenstellungen derart vorgenommen werden, dass die im Wesentlichen im BMPT einschlägig tätigen Beamten einen ausreichenden Anreiz sehen, ihre berufliche Zukunft in der Regulierungsbehörde fortzuführen”. (Bundesverband des Deutschen Versandhandels e. V., BVH 40)

Die Nutzung des Sachverstandes der regulierten Unternehmen sollte in einem möglichst breiten Umfang stattfinden. Durch umfassende Beteiligung der regulierten Unternehmen könne die Behörde sicherstellen, dass sie ihre Entscheidungen auf Tatsachen und auf Ansichten derjenigen stützen kann, die von den Maßnahmen der Behörde betroffen sein werden. Es wurde ausgeführt, dass die Behörde „im Regelfall die Pflicht hat, Stellungnahmen von Wettbewerbern einzuholen und diese auf ihren Antrag förmlich an den Verfahren zu beteiligen” (WCP) 41.

Sehr wichtig war vielen Wettbewerbern die Unabhängigkeit des Personals der Regierungsbehörde gegenüber ihrem „bisherigen Arbeitgeber”, wie häufig formuliert wurde. Eine immer wieder in ähnlicher Form gehörte Äußerung lautet daher wie folgt: Der „...personelle Austausch zwischen der Regulierungsbehörde und TK-Unternehmen [wird] strengen Anforderungen unterzogen. Denkbar wäre es etwa, ausscheidenden Mitarbeitern für einen Übergangszeitraum Tätigkeiten in der TK-Branche zu untersagen oder zumindest nur unter strengen Verschwiegenheitsauflagen zu gestatten” (BWS) 42. Hingewiesen wurde auch auf eine Regelung der EU-Kommission, die fordert, dass „jeder Personalwechsel von der Regulierungsinstanz zur Betriebsinstanz...besonders überwacht werden” müsse, um die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde zu sichern (Mitteilung der Kommission, 1995, S. C10). Es wurde häufig betont, dass es in dem entstehenden Markt besonders wichtig ist, schon den Anschein der Befangenheit zu vermeiden.

Besoldungsfragen
Zu der Frage der Höhe der Besoldung der Mitglieder des Präsidiums der Regulierungsbehörde gab es eine heftige Diskussion in einigen Zeitungen. Diese Diskussion war jedoch ohne ordnungspolitische Bedeutung (z. B. „'Gute Pöstchen' für verdiente Beamte”, Handelsblatt, 2. Juli 1997) und kann vernachlässigt werden. Hier soll dagegen die Frage angesprochen werden, wie erreicht werden könnte, dass die Regulierungsbehörde wettbewerbsorientiert arbeitet und im Erfolgsfall dies eine positive Rückwirkung für die Mitglieder der Regulierungsbehörde haben könnte. In einer Anhörung wurde vorgeschlagen, „dass die Mitglieder des Präsidiums etwa nach dem tatsächlich erreichten Marktanteil neuer und mittelständischer Anbieter bezahlt werden oder auch nach tatsächlich getätigten Investitionen und Investitionswachstum oder auch Beschäftigungswachstum”.

Die Frage wurde nicht weiter diskutiert, nachdem Postminister Bötsch in derselben Veranstaltung eine Antwort auf die Frage gegeben hat. Die Antwort war dergestalt, dass jeder Mitarbeiter ein Festgehalt haben muss, denn er dürfe „keine Interessen haben, sondern allenfalls die Interessen, wie sie im Gesetz vorgesehen sind für die Allgemeinheit. Und deshalb wäre das absolut misslich, wenn man das daran ausrichten würde, das würde ich garantiert nicht weiter verfolgen...” 44.

Hier ist also sozusagen „aus dem Stand” die nicht unwichtige Frage entschieden worden, ob es nicht noch eine Möglichkeit gegeben hätte, die Bediensteten der Regulierungsbehörde oder zumindest deren Spitze nach Kriterien des messbaren Erfolges ihrer Tätigkeit zu besolden.

Die Diskussion zum Aufbau der Regulierungsbehörde

Die Bedeutung der institutionellen Unabhängigkeit
Es gab nicht nur die Forderung nach persönlicher Unabhängigkeit. Die Forderung nach Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde hatte noch 3 weitere Dimensionen: Sie zielte erstens auf die Unabhängigkeit zwischen Regulierungsinstitution und Eigentümerinteressen des Staates, zweitens auf die Unabhängigkeit gegenüber traditionellen Einflüssen der Politik, die die TK und Postwesen für andere Politikbereiche instrumentalisieren wollen, und drittens auf die Unabhängigkeit gegenüber den zu regulierenden Unternehmen. Konkret bedeutete dies: Die Regulierungsinstitution sollte so organisiert werden, dass Einflüsse, die die Funktionsfähigkeit der Marktkräfte mindern könnten, weder durch den BMF (als Repräsentanten des Eigentümers der Mehrheit der Aktien), noch vom Sektor der Politik (z. B.: Bundesregierung, Länderregierungen, politische Parteien) und auch nicht von den Unternehmen Deutsche Telekom AG und Deutsche Post AG ausgeübt werden können.

Über Notwendigkeit und Umfang der Unabhängigkeit der Regulierungsinstitution gab es gänzlich unterschiedliche Auffassungen. Einige Zitate mögen dies belegen: „Voraussetzung für eine wettbewerbsorientierte und wirksame Arbeit der Regulierungsbehörde ist ihre Entscheidungsunabhängigkeit. Sie muss von politischen Einflüssen absolut frei gehalten werden und sich nur den gesetzlichen Vorgaben verpflichtet fühlen” (ZVEI) 45. „Eine weitestmögliche Politikferne ist...grundlegende Voraussetzung” (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) 46. Weiterhin wurde argumentiert, dass ein wirtschaftlich so bedeutender Bereich wie die TK nahezu unvermeidbar politischen Interessen ausgesetzt sei. Es bestehe die Gefahr, dass die Regulierung wirtschafts- oder industriepolitisch instrumentalisiert wird und damit staatlichen Interventionsinteressen dient (so z. B. WCP) 47.

Eine gegenteilige Meinung zur Frage der Unabhängigkeit wurde von Prof. Witte vertreten: „Unabhängigkeit von der Politik in dem so verstandenen Sinne, dass keine Bundesregierung und kein Parlament und kein Ministerium auf diese Regulierungsbehörde Einfluss nehmen, kann es nicht geben...Denn auch diese Regulierungsbehörde ist Bestandteil unserer parlamentarischen Demokratie, und da hat die Regierung dem Parlament gegenüber die Verantwortung” 48.

Ein ähnlicher Anknüpfungspunkt für die Kritik an der Forderung nach politischer Unabhängigkeit ist die Bedeutung der Telekommunikation: „Die Vorstellung der politischen Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde ist weltfremd, denn angesichts der überragenden Bedeutung der Telekommunikationsregulierung für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung des Standortes Deutschland kann auf die unmittelbare hoheitliche Verantwortung der Bundesregierung mit unmittelbarer Bindung an das Grundgesetz bis auf Weiteres nicht verzichtet werden” (Rechtsanwalt Falk Peters).

Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zum TKG hat die Unabhängigkeit eine Bedeutungsminderung erfahren. Im Eckpunktepapier des BMPT zum TKG vom 27. März 1995 hieß es noch: „Für die Durchführung der Regulierung wird eine unabhängige und eigenständige Regulierungsbehörde des Bundes eingerichtet und im Verwaltungsbereich eines Bundesministeriums angesiedelt.” Eine ähnliche Formulierung fand sich im Eckpunktepapier für ein PostG (BMPT vom 13. 6. 1995). Der Referentenentwurf für ein TKG vom 6. Oktober 1995 lautete in diesem Punkt wie folgt: „Zur Wahrnehmung der sich aus diesem Gesetz...ergebenden Aufgaben wird die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post als oberste Bundesbehörde errichtet...Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post trifft ihre fachlichen Entscheidungen unabhängig.” Dadurch, so die Begründung, solle sicher gestellt werden, dass eine weitestgehend unabhängige und eigenständige Behörde des Bundes gewährleistet, dass Wirtschaft und Verbraucher durch Wettbewerb Zugang zu modernen, preiswerten und leistungsfähigen Dienstleistungen der TK erhalten.

Die Endfassung des Gesetzes lautete dann: „Zur Wahrnehmung der sich aus diesem Gesetz und anderen Gesetzen ergebenden Aufgaben wird die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des BMWi mit Sitz in Bonn errichtet (§ 66 TKG).”

In den hier untersuchten Unterlagen hat die Forderung nach der Trennung von Eigentümer und Regulierungsfunktion ein besonderes Gewicht. Es wurde eine absolute Trennung von Regulierungs- und Eigentümerinteressen gefordert (VDMA) 49. Es wurde befürchtet, dass die Durchsetzung kurzfristiger Einzelinteressen von Ministerien auf Kosten von Marktöffnung und Wettbewerb gehen könnte (DIHT) 50. Immer wieder wurde auf die Bedeutung der Verminderung des Aktienbesitzes des Bundes für eine mehr an den Zielen des Gesetzes orientierte Regulierungsarbeit kritisch hingewiesen: „Erst wenn der Bund seine letzten Aktien verkauft hat, ist eine wirkliche Trennung erfolgt”, war eine typische Meinungsäußerung. Sehr häufig wurde gefordert, die Aufgabe der Verwaltung der Aktien des Bundes nicht dem Wirtschaftsministerium, dem die Regulierungsbehörde unterstellt ist, zu übertragen, sondern einem anderen Ministerium; meist wird das Bundesministerium der Finanzen (BMF) genannt. (Das BMF hat dann diese Aufgabe, wie bekannt, auch tatsächlich übertragen bekommen.)

Zur Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde gehört auch deren finanzielle Unabhängigkeit. Die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Regulierungsbehörde durch die Festlegung der für die Behörde verfügbaren Finanzmittel durch den BMF ist prinzipiell gegeben. Einerseits wurde in diesem Zusammenhang eine Minimierung des Verwaltungsaufwands angemahnt (Mannesmann Eurocom [ME]) 51. Andererseits wurde auch die Auffassung vertreten, dass dann, wenn man an der Regulierungsbehörde spare, in letzter Konsequenz der Wettbewerb eingeschränkt und Wachstum und Beschäftigung gehemmt würden (E-Plus) 52.

Grundsätzlich kann man die Auffassung vertreten, dass eine Selbstfinanzierung der Regulierungsinstitution eine sinnvolle Maßnahme ist, um die Abhängigkeit dieser Institution von der Budgetgestaltung durch den BMF zu reduzieren oder gar unmöglich zu machen. Die Mehrheit der hierzu geäußerten Auffassungen trat jedoch für eine Finanzierung durch den Bundeshaushalt ein. Eine typische Aussage war: „Es wäre standortpolitisch, wachstumspolitisch und wettbewerbspolitisch völlig verfehlt, die Regulierungsbehörde vornehmlich aus Einnahmen im Bereich Lizenzgebühren, Genehmigungsgebühren etc. zu finanzieren” (ANGA) 53.

Ein Hauptargument der Befürworter einer Finanzierung der Regulierungsbehörde durch den Bundeshaushalt war, dass kleinere und mittlere Unternehmen durch hohe Lizenzgebühren daran gehindert würden, in den Markt einzutreten. Bundesminister Bötsch äußerte sich ebenfalls zugunsten einer Finanzierung der Regulierungsbehörde und ihrer Aufgaben über den Bundeshaushalt: „...wenn es eine Behörde ist, wenn es eine hoheitliche Aufgabe ist, dann gilt auch für den Bereich das Gesamtdeckungsprinzip. D. h., es werden Gebühren, die dem Haushalt zugeführt werden, und die Menschen, die dort arbeiten, werden auch aus den allgemeinen Haushaltsmitteln bezahlt” 54.

Die Regulierungsbehörde ist nicht unabhängig gegenüber den parlamentarischen Institutionen. Sie legt dem Bundestag und dem Bundesrat alle 2 Jahre einen Bericht über ihre Tätigkeit sowie über die Lage und die Entwicklung auf dem Gebiet der Telekommunikation und der Postdienstleistungen vor (§ 81 Abs. 1 TKG). Diese Berichtspflicht ist nach Bundesminister Bötsch das Ergebnis eines politischen Kompromisses. Es hatte, wie Bötsch berichtete, die Forderung gegeben, im TKG das Ende der Regulierungsbehörde bereits von vornherein mit einer Frist zu versehen. Zwar kann man es als allgemeine Auffassung ansehen, dass die Lebensdauer der Regulierungsbehörde befristet sein wird, jedoch mochte man sich im Zeitpunkt der Be-schlussfassung über das Gesetz nicht zu einer definitiven zeitlichen Begrenzung der Arbeit dieser Behörde durchringen. Die Befürworter und die Gegner einer von vornherein zu vereinbarenden zeitlichen Befristung der Tätigkeit der Regulierungsbehörde haben sich dann auf die Einbeziehung der Monopolkommission und speziell auf deren Aufgabe geeinigt, die Sinnhaftigkeit gesetzlicher Regelungen zur Dauer der Regulierung zu überprüfen (so Bötsch) 55.

Aus den Anhörungen lässt sich zur Frage des Einflusses des der RegTP vorgesetzten BMWi folgendes Bild zeichnen: Eine Auffassung sagt: Die übergeordneten obersten Bundesbehörden, in diesem Falle also das BMWi, dürfen sich nicht lediglich auf eine Rechtsaufsicht beschränken, sondern haben vielmehr prinzipiell eine sachlich steuernde Funktion auszuüben. Die gegenteilige Auffassung wird jedoch auch vertreten: Angesichts der in der Phase der Liberalisierung der TK-Märkte zu erwartenden vielfältigen Versuche politischer Einflussnahme erscheint eine stärkere gesetzliche Verankerung der Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde dringend angezeigt. Empfehlenswert wäre es, die Regulierungsbehörde lediglich einer Rechtsaufsicht durch den BMWi zu unterwerfen. Mindestens aber sollte - um sachfremde „politische” Einflussnahmen weitgehend zu unterbinden - die Erteilung von fallbezogenen Einzelweisungen durch ausdrückliche gesetzliche Regelungen ausgeschlossen werden (Scherer) 56.

Insgesamt ist jedoch festzuhalten, dass die Mehrheit der geäußerten Auffassungen die Ansiedlung der Regulierungsbehörde beim BMWi grundsätzlich befürwortete, auch wenn hierdurch eine politische Einflussnahme, die die Effizienzorientierung der Regulierung in den Hintergrund rückt, im Einzelfall nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne.

Die Diskussion zur institutionellen Struktur der Regulierung
Die Neugestaltung des Ordnungsrahmens für die Märkte von TK und Post führte zu einer umfangreichen Diskussion über die geeignete institutionelle Struktur für die Regulierung, die wie folgt zusammengefasst wird.

Beibehaltung des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation?
Der Gedanke, das BMPT aufzulösen, das, wie gelegentlich formuliert wurde, Monopole zu verwalten hatte, erschien nahe liegend. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Auflösung des BMPT unter diesen Bedingungen keine große Zahl an Gegnern fand. Gleichwohl ergab sich eine aufschlussreiche Diskussion, die sich sehr stark auf die Äußerungen von den beiden Professoren Mestmäcker und Witte stützte, die sie in einem Gutachten vorgetragen haben 57.

Prof. Witte hat wie folgt argumentiert: Das GG (Art. 87, Abs. 1 und 2) nennt für den Bereich des Postwesens und der TK die Staatsziele Universaldienst und privatwirtschaftliche Tätigkeit durch private Anbieter im Wettbewerb. Der Rang der Regulierungsziele wird dadurch, dass sie ein Verfassungsgebot sind, als so hochrangig eingeschätzt, dass nur die Bundesregierung bzw. die Ministerien unter der Richtlinienkompetenz des Kanzlers für die Erreichung der Ziele tätig und für ihre Tätigkeit verantwortlich sein können.

Eine Gegenposition zu der Position von Prof. Witte formulierte Bötsch : „Die Privatisierung und Liberalisierung konnte natürlich mittelfristig nicht an den Beschäftigten im Hoheitsbereich vorübergehen. Je stärker die Wirtschaftsbereiche Post und Telekommunikation der allgemeinen Wirtschaftsordnung unterliegen, desto weniger besteht die Notwendigkeit einer sektorspezifischen politischen Vertretung. Daher wird das Bundesministerium für Post und TK zum Ende des Jahres aufgelöst. Im Geschäftsbereich des BMWi wird eine neue Regulierungsbehörde geschaffen, deren Aufgabe es sein wird, die hoheitliche Aufgabe der Marktregulierung in den Kommunikationsmärkten wahrzunehmen. Das Bundesamt für Post und Tele-kommunikation wird in dieser Regulierungsbehörde aufgehen.”

Die Regulierungsbehörde als oberste Bundesbehörde?
Die Diskussion um die Frage, ob eine oberste Bundesbehörde die richtige Organisationsform für die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post ist, litt darunter, dass - soweit erkennbar - nicht allen, die an dieser Diskussion beteiligt waren, bewusst war, dass es 2 gänzlich unterschiedliche Arten von obersten Bundesbehörden gibt. Zum einen kann eine oberste Bundesbehörde die Gestalt eines Ministeriums haben. Die Leitung des Ministeriums, der Minister, ist als Mitglied der Bundesregierung in die Tagespolitik eingebunden. Auf der anderen Seite haben auch solche Einrichtungen den Status einer obersten Bundesbehörde, die von politischen Einflüssen weitestgehend unabhängig sind wie die Deutsche Bundesbank und der Bundesrechnungshof.

Die Befürworter einer „Obersten Bundesbehörde”, die nicht in die Regierung eingebunden sein sollte, trugen folgendes Argument vor:

Die Tatsache hat große Bedeutung, dass der Bund noch immer einen wesentlichen Teil der Aktien der DTAG hält. „Da der Bund etwa 80 Prozent an der Deutschen Telekom hält, besteht ein unauflöslicher Interessenkonflikt zwischen Kontrolleur und Kontrolliertem. Dieser Interessenkonflikt war im Gesetzgebungsverfahren erkannt und hätte durch Schaffung einer obersten Bundesbehörde oder aber einer eigenständigen Anstalt des öffentlichen Rechts gelöst werden können 59.”

Der Vorschlag, eine in die Regierung eingebundene oberste Bundesbehörde einzurichten, wurde von Prof. Witte vertreten. Witte sagt zunächst, dass auch im Vergleich zu den Regulierungszielen anderer Ministerien in den Bereichen Verkehr, Gesundheit, Landwirtschaft und Wohnungswirtschaft die Regulierung der Post- und TK-Märkte eine hochrangige Aufgabe darstelle. Der Rang einer obersten Bundesbehörde für die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post sei also richtig gewählt. Witte spricht sich jedoch dagegen aus, die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post als unabhängige oberste Bundesbehörde außerhalb der ministeriellen Gliederung der Bundesregierung unmittelbar dem Präsidenten des Deutschen Bundestages zuzuordnen 60.

Die Gegenposition zu der Forderung, der Regulierungsinstitution den Status einer obersten Bundesbehörde zu geben, soll durch ein Zitat von Mannesmann Eurocom beispielhaft dargestellt werden: „Eine oberste Bundesbehörde würde weiterhin zur Abhängigkeit der Regulierung von der Politik führen” 61. Eine solche Position wird auch von anderen vorgetragen, leider ohne Begründung, sodass die Vermutung entsteht, unter „Oberste Bundesbehörde” sei allein die Einrichtung oder das Weiterbestehen eines Bundesministeriums gemeint.

Minister Bötsch berichtete 62, dass es ganz starke Kräfte in der Bundesregierung gegeben habe, die der Auffassung waren, man brauche überhaupt keine Regulierungsbehörde und die anstehende Aufgabe könne das Kartellamt erledigen. Man habe sich viel Mühe gegeben im internen Diskussionsprozess, „das, was rausgekommen ist, ist die obere Bundesbehörde,...”. Die gefundene Lösung, die Regulierungsbehörde als nachgeordnete Behörde zum BMWi einzurichten, ist ein politischer Kompromiss zwischen denjenigen, die eine vom Bundeskabinett unabhängige Bundesbehörde einrichten wollten einerseits und denjenigen, die überhaupt keine Regulierungsbehörde haben wollten andererseits.

Gemeinsame Regulierung von Telekommunikations- und Postmärkten?
Die Argumente für die gemeinsame Regulierung sind in einem Aufsatz von Gerhard O. Pfeffermann 63 angeführt. Auch in diesem Beitrag wird davon ausgegangen, dass es erhebliche strukturelle Unterschiede der Märkte von Post und Telekommunikation gibt. Auch wird anerkannt, dass es Bedeutung haben kann, dass beide Märkte nicht gleichzeitig vollständig liberalisiert sind. Dennoch, so wird angeführt, gibt es gute Gründe für ein Zusammenlegen beider Regulierungsbereiche. Nach Auffassung von Pfeffermann lässt die Forderung nach einem „schlanken Staat” keinen Raum für 2 selbstständige Einrichtungen mit eigenständiger Infrastruktur, zusätzlichem Verwaltungsapparat und den entsprechenden Gemeinkosten. Aber auch sachliche Argumente sprächen für eine Zusammenlegung der Regulierungsaufgaben für beide Branchen in einer Institution. Die Mittel der Regulierung dieser Märkte sind zu ganz wesentlichen Teilen nach Pfeffermann deckungsgleich. Die Instrumente der Regulierung der Postmärkte, so wie sie im damaligen Entwurf des PostG vorgesehen waren, entsprechen, so die geäußerte Auffassung, denen des TKG. Eine getrennte Regulierung würde den Ausschluss von tatsächlich vorhandenen Verbundvorteilen bedeuten. Dies wäre weder im Interesse der Marktteilnehmer noch im Interesse des Staates, so Pfeffermann.

Die Gegenposition, die sich für die Trennung der Regulierung von Telekommunikation und Post ausgesprochen hat, wurde sowohl mit praktischen als auch mit ordnungspolitischen Überlegungen begründet. Die Regulierungsbehörde, so wurde gesagt, sei so bedeutsam für die faktische Öffnung des Marktes, für die Herstellung dynamischen Wettbewerbs, dass man den TK-Bereich institutionell vom Postbereich trennen sollte. Es würde die ganze Kraft des Präsidiums benötigt, um die Aufgabe in der Telekommunikation zu bewältigen 64.

Die Deutsche Post AG hat sich vehement gegen eine gemeinsame Regulierung von TK- und Postmärkten ausgesprochen (Stellungnahme der Deutschen Post AG zum Postgesetzentwurf, Stand 8. Mai 1996). Die Position der Post AG war wie folgt: Die Ökonomien der TK- und der Postmärkte sind grundsätzlich verschieden. Sie erfordern bereits im Ansatz unterschiedliche Regulierungen. Die Besonderheiten der Tele-kommunikation, die eine sektorspezifische Regulierung rechtfertigen, sind im Postwesen gerade nicht gegeben. Eine Regulierung zur Förderung des Wettbewerbs ist im Postwesen nicht notwendig und sollte deshalb unterbleiben. Jede zusätzliche Regulierung, so die Position, insbesondere eine restriktive Preisregulierung, würde potente Wettbewerber abschrecken. Gerade im Interesse des Wettbewerbs sei von jeglichen interventionistischen Praktiken in den Wettbewerbsbereichen abzusehen. Die Regulierung sei, so die Post AG, sachlich und zeitlich auf die Exklusivlizenz zu beschränken. Die Post AG stellte klar, dass aus ihrer Sicht das allgemeine Wettbewerbsrecht gegen Sachverhalte des Missbrauchs marktbeherrschender Positionen ausreiche.

Zusammenfassend forderte die Post AG, die Zuständigkeit des Bundeskartellamtes anstelle einer gesonderten Regulierungsbehörde anzuerkennen. Aus dieser Position ergibt sich, dass das Problem der Zusammenlegung der Regulierungen von TK- und Postmärkten aus der Sicht der Deutschen Post AG nicht existiere.

Der DIHT 65 geht vom unterschiedlichen Liberalisierungsgrad von TK- und Postmarkt aus: „Im Postmarkt wird die vollständige Liberalisierung voraussichtlich noch für einige Jahre ausbleiben - zum Schaden für Wirtschaft und Bevölkerung. Marktöffnung und Wettbewerb werden im Vergleich zum TK-Markt noch nicht den gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen entsprechend vorangetrieben...Es darf nicht dazu kommen, dass die zurückhaltende Liberalisierungsmentalität im Postbereich auf den TK-Markt ausstrahlt.”

Erwähnenswert ist noch, dass in dem Hearing vom Januar 1997 der Bundesminister Bötsch folgende Anmerkung gemacht hat: „...ob eine eigene Regulierungsbehörde von Post und Telekommunikation geschaffen werden soll, ist ja durchaus in der Überlegung”.

Bötsch fuhr fort, dass er mit seinen Mitarbeitern darüber nachdenken wolle, „ob man vielleicht die Postregulierung gleich dem Kartellamt gibt” 66.

Zusammenlegung von Regulierungsbehörde und BAPT?
Die Regulierungsinstitutionen, die bis zum Ende des Jahres 1997 Regulierung und Aufsicht in Post- und TK-Märkten ausübten, waren das BMPT und als obere Bundesbehörde das BAPT. Zur Erfüllung der Aufgaben verfügte das BMPT zuletzt über rund 390 Beschäftigte und das BAPT mit Sitz in Mainz über rund 2.700 Beschäftigte. Das BAPT hatte für die flächendeckende Präsenz 54 Außenstellen eingerichtet. Nachdem der Gesetzgeber beschlossen hatte, die Regulierungsbehörde einem Bundesministerium nachzuordnen, entstand die Frage, ob das BAPT, das seinerseits dem früheren BMPT nachgeordnet war, mit dem BMPT zu einer gemeinsamen Behörde zusammengeschlossen werden sollte oder ob 2 getrennte Behörden für getrennte Aufgaben dem BMWi nachgeordnet werden sollten. Bei der Lösung „Getrennte Behörden” hätte sich die weitere Frage gestellt, ob die beiden Behörden nebeneinander, also gleichrangig, dem BMWi unterstellt werden oder ob das BAPT der Regulierungsbehörde hätte nachgeordnet werden sollen.

Die Argumente der Befürworter einer Zusammenlegung von BMPT und BAPT zu einer einheitlichen Regulierungsbehörde sind unterschiedlich, ähnlich wie die Argumente der Befürworter einer Trennung. Der ZVEI 67 hat sich für die Integration von Wettbewerbsaufsicht und technischer Regulierung in einer Behörde ausgesprochen. Der Verband hielt dies für unverzichtbar, um „eine einheitliche und durchgängige Regulierungspolitik sicherzustellen”. Die Bedeutung des technischen Sachverstandes für die Regulierung betont der DIHT 68 . Der Verband führte aus, dass vieles, was im Rahmen des Wettbewerbs heute möglich sei, der technische Fortschritt erst hervorgebracht habe. Insofern könne man beide Bereiche nicht voneinander trennen. „Für eine in der Sache ökonomische wirtschaftspolitische Regulierung brauchen Sie auch den technischen Sachverstand, um wirklich entscheiden zu können, was machbar ist und was nicht 69.”

Die Notwendigkeit, zu verhindern, „dass durch unabgestimmtes Verhalten neue Wettbewerbshürden aufgebaut werden und Liberalisierungserfolge ausbleiben” (DIHT) 70, ist eine weitere Begründung für die Notwendigkeit, beide Behörden zusammenzulegen. Der Verband betonte auch, dass Synergien vorhanden seien und genutzt werden müssten und dass Doppelarbeit vermieden werden müsse. Auf die Nutzung der Synergieeffekte baute auch der Verband Deutscher Postingenieure (VDPI) die Notwendigkeit einer Zusammenlegung auf. Eine Begründung, die die Akzeptanz durch die Öffentlichkeit einbezieht, verwendet die Deutsche Postgewerkschaft (DPG). „Es wird der interessierten Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln sein, dass für die Erledigung der Regulierungsaufgaben nicht nur eine Behörde, sondern zwei Behörden erforderlich sein sollen, obwohl im Gesetzgebungsverfahren nur von einer Behörde die Rede war.”

Die Argumente der Gegner einer Zusammenlegung von BAPT mit dem BMPT zu einer einheitlichen Regulierungsbehörde lassen sich wie folgt zusammenfassen. Im Vordergrund steht das Argument, eine zusammengefasste Behörde sei zu groß und unbeweglich und deshalb nicht ausreichend schlank, flexibel und schnell (z. B. Thyssen, Telekom AG). Die Verbände der Unternehmen von Postdienstleistungen (Bundesverband des deutschen Versandhandels (BVH) und Bundesverband internationaler Express- und Kurierdienste (BIEK)) sprachen sich beide gegen eine Zusammenlegung beider Institutionen aus. Hierzu wurde ausgeführt, dass durch eine Zusammenlegung „die eigentliche Aufgabe der Regulierungsbehörde ins Hintertreffen gerät” und dass nur eine geringe Schnittmenge zwischen den Aufgaben beider Behörden vorhanden sei 71.

Alternative Organisationsformen
In der Diskussion um die Regulierungsbehörde wurde auch die Frage gestellt, ob es andere Organisationsformen gäbe, die besser geeignet wären, die Ziele des TKG (und des PostG) zu erreichen, als die traditionelle Behörde. 2 Formen wurden diskutiert. Die Anstalt und die GmbH als privatrechtliche Organisationsform.

In der Hauptsache wird die Bundesanstalt als Organisationsform der Regulierungsbehörde von denjenigen gefordert oder wenigstens für zweckmäßig angesehen, denen die Unterstellung der Regulierungsbehörde unter das BMWi eine zu geringe Unabhängigkeit gewährleistet. Ein Beispiel hierfür ist ein Diskussionspapier von Arne Börnsen, damals Mitglied des Deutschen Bundestages, danach bis 1999 Mitglied des Präsidiums der Regulierungsbehörde 72. Börnsen fordert darin eine Bundesanstalt, die durch ein Gesetz beschrieben und eingegrenzt wird. Zur Begründung wird gesagt: Der TK-Gesetzentwurf ist unzureichend, weil die Zielsetzung einer regierungsunabhängigen Organisation und einer Effizienz, die der Zielsetzung Wettbewerb entspricht, nicht gewährleistet ist. Die Zielsetzung, die mit diesem Vorschlag verbunden wird, lautet wie folgt: Die Regulierung muss regierungsunabhängig organisiert sein. Das entspricht dem Gedanken der Liberalisierung und der Erwartung sowohl der EU als auch der Wettbewerber, sowohl in der Bundesrepublik als auch in den Partnerländen (so u. a. Großbritannien und USA).

Eine vergleichbare Argumentation kommt von der Partei Bündnis 90/Die Grünen (Deutscher Bundestag, Drucksache 13/3920 vom 29.2.1996). Es wird beantragt, der Bundestag wolle beschließen: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, im Rahmen des TKG die Regulierungsbehörde als Bundesanstalt für Telekommunikation und Post vorzusehen...” Als Begründung wird angegeben: „Nachdem die Errichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde für die Zeit nach der endgültigen Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte am 1. Januar 1998 zunächst nahezu unumstritten war - und sich diese Auffassung auch noch im Referentenentwurf des BMPT vom 6. Oktober 1995 niederschlug -, droht die geplante Behörde nunmehr zu einer Abteilung des Bundeskartellamtes degradiert zu werden.”

Für die DPG bietet die Anstaltslösung den Vorteil, „dass alle Regulierungsaufgaben von ihr wahrgenommen werden können” 73. Durch ihre besondere Form und Stellung im bundesdeutschen Verwaltungsaufbau sei bereits eine gewisse Eigenständigkeit dokumentiert. Ein weiterer Vorteil einer solchen Lösung liege darin, dass eine Bundesanstalt durch die Schaffung eines Verwaltungsrates einer unmittelbaren parlamentarischen Kontrolle unterliegen könnte.

Ein Gegner der Anstaltslösung, Rechtsanwalt Peters 74, konzediert zunächst, dass die Anstalt normalerweise der Rechtsaufsicht durch den Träger und damit einer mittelbaren Grundrechtsbindung, aber keiner Fachaufsicht unterliegt. Dies wäre jedoch nur dann ein Vorteil, wenn die fachliche Aufsicht des Bundes nicht gefragt wäre. Gerade sie ist aber, so Peters, wegen der überragenden Bedeutung der TK-Regulierung bis auf Weiteres erforderlich.

Zur GmbH-Lösung wurden im Rahmen des Diskussionsprozesses um TKG und PostG folgende denkbare Vorteile genannt: Die Regelungen des öffentlichen Dienstrechts gelten nicht (DTAG). Das heißt: Die Errichtung einer privatrechtlichen Kapitalgesellschaft und die Übertragung hoheitlicher Funktionen auf diese Gesellschaft könnte die Regulierungsinstanz von haushaltsrechtlichen Vorgaben freistellen.

Gegen die GmbH-Lösung wurde eingewandt: Die Alternative einer GmbH scheidet aus, weil es sich bei der Aufsicht über die Märkte der Telekommunikation um eine hoheitliche Aufgabe handelt 75. Die staatliche Verantwortung für die Telekommunikation darf nicht auf handelsrechtliche Gesellschafterbefugnisse reduziert werden. Weiterhin: Die GmbH-Lösung (aber auch die Anstaltslösung) machen eine Grundgesetzänderung notwendig, die ihrerseits die spätere Integration der GmbH in das Bundeskartellamt erschweren würde (Mannesmann Eurocom) 76.

Insgesamt ist festzustellen, dass die alternativen Lösungsvorschläge Anstalt und GmbH fast immer nur sehr kurz, man könnte fast sagen beiläufig, kommentiert wurden. Betrachtet man die intensiven Diskussionen zu vielen anderen Punkten der beiden Gesetze (TKG und PostG), hat man den Eindruck, dass im Falle der alternativen Organisationsformen die Grenzen der rechtlichen Möglichkeiten zu wenig ausgeleuchtet worden sind.

Wettbewerbsbehörde oder Regulierungsinstitution?
In der Begründung der Bundesregierung zum TKG (BT-Drucksache 13/3609, S. 34) heißt es: „Damit das Ziel erreicht wird, einen funktionsfähigen Wettbewerb zu fördern, sind sektorspezifische Regelungen als Ergänzung zum allgemeinen Wettbewerbsrecht erforderlich. Die bestehenden wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die grundsätzlich die Existenz eines funktionsfähigen Wettbewerbs unterstellen und verhaltenskontrollierende Eingriffe und Vorgaben nur bei Vorliegen von Missbräuchen marktbeherrschender Unternehmen vorsehen, sind für die Umwandlung eines traditionell monopolistisch geprägten Marktes unzureichend.”

Mit dieser Feststellung ist die Begründung für die Notwendigkeit einer sektorspezifischen Regulierung gegeben, nicht jedoch dafür, ob und in welcher Weise eine institutionelle Trennung zwischen der allgemeinen Wettbewerbsaufsicht (Bundeskartellamt) und der sektorspezifischen Regulierung durch eine eigene Regulierungsbehörde erforderlich ist. Es fällt auf, dass häufig in dieser Diskussion nicht zwischen der Notwendigkeit der sektorspezifischen Regulierung und der Notwendigkeit einer besonderen Behörde für diese Regulierungstätigkeit unterschieden wird.

Für eine sektorspezifische Regulierungsinstitution wurde sehr häufig ausgeführt, dass - ähnlich wie in der oben dargestellten Begründung zum TKG - ex-ante-Eingriffe - Regulierungen durch (vorherige) Genehmigungen - notwendig seien. 2 Beispiele sollen hierfür angeführt werden. Nach Auffassung von AT&T 77 wäre eine quasi ausschließlich am Wettbewerbsrecht orientierte Regulierungsbehörde nicht in der Lage, ex-ante-Regulierungen durchzusetzen. Das Wettbewerbsrecht erlaubt nach dieser Auffassung nur noch ex-post-Eingriffe (Regulierung durch nachträgliche Eingriffe, z. B. Verbote) und ist somit ein Instrument, das dem in § 1 des TKG niedergelegten Zweck der Regulierung, nämlich die Herbeiführung des Wettbewerbs, nicht gerecht werden kann.

Ein verwandtes Argument bringt das Unternehmen Mannesmann Eurocom vor 78. Das Unternehmen weist darauf hin, dass das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) anders ausgerichtet sei, als es den Problemen der Telekommunikation - wie Tarifgestaltung, Netzzusammenschaltungsregelungen, Rufnummerngestaltung - entsprechen müsste. Das Unternehmen betont, dass es hier um den erstmaligen Aufbau eines funktionsfähigen Wettbewerbs und damit um die Beseitigung von Marktmacht und die Herstellung von Chancengleichheit der Marktteilnehmer angesichts eines jahrzehntelangen staatlichen Monopols gehe, nicht jedoch darum, die Entstehung und Verfestigung von marktbeherrschenden Stellungen bzw. von Missbrauchstatbeständen auf Wettbewerbsmärkten zu verhindern.

Eine vergleichbare Aussage liegt für die Postmärkte vor. Nach dem BVH 79 ist nicht damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit auf den Postmärkten wirksamer Wettbewerb für die Deutsche Post AG erwachsen wird. Vor allem die vielen mittelständischen Unternehmen, die an einem Markteintritt in die Postmärkte interessiert sein könnten, wären - bei Fehlen einer wirksamen ex-ante-Kontrolle durch eine sektorspezifische Regulierung - ungeschützt möglichen Behinderungspraktiken der Deutschen Post AG ausgesetzt. Bereits das Bewusstsein einer solchen Gefährdung würde dazu führen, dass die potenzielle Konkurrenz weitestgehend abgeschreckt wird. „Erst die Existenz und das Vertrauen in eine effizient arbeitende Regulierungsbehörde gewährt jene Sicherheit, die es den Unternehmern erlaubt, in die neuen Geschäftsfelder zu investieren” (BVH) 80.

Die Gegner einer sektorspezifischen Regulierungsinstitution führen 2 Hauptargumente an. Erstens ist es die Gefahr der Sektoralisierung der Wettbewerbspolitik und zweitens die Behördenkonkurrenz.

Eine typische Betrachtung derjenigen, die im Aufbau einer sektorspezifischen Regulierungsbehörde die Gefahr einer Fehlentwicklung sehen, lässt sich wie folgt beschreiben: Die Schaffung einer Bundesbehörde für die Regulierung der TK würde dem erklärten Ziel der Überführung des Sektors in den Wettbewerb zuwider-laufen. Gerade das neue TKG soll nach dieser Auffassung über seine Ausgestaltung auch einen Beitrag dazu leisten, die Ausnahmestellung der TK auf Dauer zu beenden und diesen Sektor dem Wettbewerbsrecht in vollem Umfang zu unterwerfen 81.

Auch hätten die Erfahrungen, die mit branchenspezifischen Aufsichten, wie der Banken- und der Versicherungsaufsicht gemacht worden seien, gezeigt, dass betroffene Unternehmen mit ihren Argumenten nicht selten Gehör finden, da die Aufsichtsbehörden sich durch die wohlwollende Einstellung den betroffenen Unternehmen gegenüber auf Dauer selber legitimieren, indem sie die Stellung dieser Unternehmen stärken und auf diese Weise die Begründung der Notwendigkeit andauernder Regulierung selbst schaffen.

Zum Diskussionsgegenstand „Konkurrenz zwischen zwei Behörden” wurde dargelegt:
Die Chancen, dass der BMWi Einfluss auf eine positive Zusammenarbeit der beiden Behörden Bundeskartellamt und Regulierungsbehörde ausübt, wurden als begrenzt angesehen, da das Bundeskartellamt seine Entscheidungen durch faktisch unabhängige Beschlussabteilungen treffe, und auch die Regulierungsbehörde Entscheidungen durch Beschlusskammern fällt 82. Telefonunternehmen unterliegen sowohl der Zuständigkeit der Regulierungsbehörde als auch der des Bundeskartellamtes. Überschneidungen und Koordinationsaufwand sind unvermeidbar, und gegen Beschlüsse der Behörden sind jeweils unterschiedliche Rechtswege vorgesehen (DTAG). (Für Entscheidungen des Bundeskartellamtes sind Zivilgerichte, für Entscheidungen der Regulierungsbehörde sind die Verwaltungsgerichte zuständig.)

Einheit oder Teilung der Regulierungsaufgaben?
Das BMPT hatte ein Gutachten zur Vorbereitung der Neustrukturierung der Regulierungsinstitution für die TK- und Postmärkte über die folgenden Fragen erbeten. Es sollte untersucht werden: Sollte die Verhaltensaufsicht, also die Regulierung von Netzzugang und Zusammenschaltung mit den anderen Regulierungsaufgaben zusammen von der Regulierungsbehörde vorgenommen werden oder sollen die Verhaltensaufsicht vom Bundeskartellamt und die übrigen Aufgaben von einer Regulierungsbehörde wahrgenommen werden?

Prof. Mestmäcker 83 empfahl, die Zuständigkeit zur Verhaltensaufsicht für die Regulierung marktbeherrschender Anbieter und für den offenen Netzzugang und die Zusammenschaltung auf das Bundeskartellamt zu übertragen. Für diese Regelung sprechen nach Mestmäcker unter anderem folgende Gründe:

Die Zuständigkeit des Bundeskartellamtes auch für die Verhaltensaufsicht in den TK- und Postmärkten (zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben) verhindert widersprüchliche Entscheidungen zwischen Wettbewerbs- und Regulierungsbereich. Die Angehörigen der Regulierungsbehörde (des früheren BMPT) haben zwar eine besondere Kenntnis der technischen und funktionalen Zusammenhänge der TK, dem stehe jedoch ihre mangelnde Erfahrung in der Anwendung des Wettbewerbsrechts gegenüber. Ordnungspolitisch komme der fortschreitenden Annäherung der für die Telekommunikation geltenden Normen an das allgemeine europäische und deutsche Wirtschaftsrecht das größte Gewicht zu. Diese Annäherung wird durch die Zu-ständigkeit des Bundeskartellamtes begünstigt, da es für alle Wirtschaftssektoren tätig ist. Seine Zuständigkeit wirke den Tendenzen zu einer erneuten rechtlichen und wirtschaftlichen Verselbstständigung des Sektors der TK entgegen.

Die Lösung, nach der die Regulierungsaufgaben in einer Hand bleiben sollten, wurde von Prof. Witte 84 vertreten. Witte vertrat den Grundsatz, dass die Aufgaben der Regulierung eine funktionale Einheit bilden. Sie könnten nicht auf mehrere Bundesbehörden gleichen Ranges verteilt werden, wenn eine aktive und wirksame Wettbewerbspolitik sicher gestellt werden soll. Die Regulierung der Entgelte (und der Allgemeinen Geschäftsbedingungen) hänge untrennbar mit den Lizenzaufgaben, der Universaldienstpolitik, dem Verbraucherschutz und der Bewirtschaftung knapper Ressourcen zusammen. Auch wenn unbestritten bleiben soll, dass das Bundeskartellamt über die fachliche Qualität zur Preiskontrolle verfügt, seien ihm die Einsichten in die sektorspezifischen Probleme des offenen Netzzugangs, der Zusammenschaltung, der Lizenzbedingungen, der Universaldienste sowie der preislichen Auswirkungen der Frequenz-, Nummern- und Wegebewirtschaftung nicht ohne Weiteres zugänglich. Auch verfüge das Kartellamt nicht über eine Regulierungserfahrung mit der ex-ante-Gestaltung von Preisen (Genehmigung von Preisen vor deren Inkrafttreten), sondern sei gewohnt, den Preismissbrauch nachträglich zu prüfen. Eine Zuweisung aller Regulierungsaufgaben zum Bundeskartellamt sei als organisatorische Alternative auch nicht realistisch. Nicht nur die Bezeichnung, sondern die grundsätzliche Ausrichtung und die Arbeitsweise des Amtes müssten einschneidend geändert werden. Im Ergebnis folgte der Gesetzgeber den Gedanken von Professor Witte.

Die gewählte institutionelle Lösung - Übersicht

Zunächst soll ein grober Überblick über die seit dem 1. Januar 1998 veränderte politisch-institutionelle Situation der Regulierung der TK- und Postmärkte gegeben werden. Folgende Eckpunkte kennzeichnen die Lösung der in diesem Kapitel bisher erörterten Fragen durch die verabschiedeten Fassungen von TKG und PostG:

Eine Übersicht zu den Regulierungsinstitutionen gibt die folgende Darstellung:

Regulierungsinstitutionen

Die Regulierungsbehörde und andere nationale Institutionen

Im Folgenden werden die Beziehungen zwischen der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post auf der einen Seite sowie den Institutionen BMWi, Bundeskartellamt und BMF auf der anderen Seite dargestellt. Daraus werden sowohl die Aufgaben, wie deren Überschneidungen und auch die möglichen Konfliktpotenziale zwischen der neu geschaffenen Behörde und den übrigen Institutionen ersichtlich.

Regulierungsbehörde und Bundeswirtschaftsministerium
Der damalige Bundesminister für Wirtschaft, Dr. Günter Rexrodt, hat anlässlich der Vorstellung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post einige wesentliche Gedanken zur Arbeit der Regulierungsbehörde dargestellt.

Er betonte, dass die Organisation der Regulierungsbehörde am Bundeskartellamt orientiert ist. Dies gelte, so Rexrodt, insbesondere für die gerichtsähnlichen Verfahren der Beschlusskammern. Sowohl im allgemeinen Wettbewerbsrecht, das im Bundeskartellamt angewendet wird, als auch im TKG und im PostG, die in der Regulierungsbehörde verwaltet werden, sind nach Rexrodt dieselben Maßstäbe anzuwenden.

Hervorgehoben hat der Minister, dass das TKG und das PostG feste Verfahren zwischen dem Bundeskartellamt und der Regulierungsbehörde vorsehen, damit eine einheitliche Marktbeurteilung gewährleistet werden könne. Rexrodt hat ausdrücklich auf die im TKG vorgesehenen Einvernehmensregelungen, beispielsweise bei der Beurteilung der räumlichen Marktabgrenzung, hingewiesen. Auch wurde betont, dass das Instrument, sich gegenseitig Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, im Gesetz enthalten sei. „Es ist deshalb von Anfang an eine enge Zusammenarbeit zwischen beiden Behörden erforderlich” (BMWi, Rede des Bundesministers für Wirtschaft, Dr. Günter Rexrodt, 7. Januar 1998). Eingriffe der Regulierungsbehörde in die TK- und Postmärkte, so Rexrodt, sind nur solange gerechtfertigt, wie diese Märkte noch nicht selbst funktionsfähig sind. „Wirtschaftspolitisches Ziel für die Arbeit der neuen Behörde ist also, sich schrittweise selbst überflüssig zu machen 85.”

Der zweite vom Minister angesprochene Punkt ist der des Übergangs des Bundesamtes für Post- und Telekommunikation auf die Regulierungsbehörde. Rexrodt hat dargelegt, dass ohne eine organisatorische und personelle Straffung des ehemaligen Bundesamtes für Post und Telekommunikation in Mainz eine schlagkräftige und effiziente Regulierungsbehörde nicht möglich sein werde.

Insgesamt lässt sich Folgendes für den Zeitpunkt der Übernahme des ehemaligen BMPT als Regulierungsbehörde in das BMWi feststellen: Die Existenz der Behörde war nach dieser Auffassung von vornherein prinzipiell zeitlich begrenzt, auch wenn das Ende noch nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt festgelegt ist. Die Zahl der Mitarbeiter insgesamt, also insbesondere derjenigen des BAPT, sollte deutlich reduziert werden. Eines Tages soll die Wettbewerbskontrolle bei TK und Post dann auf das Bundeskartellamt übergehen. Aus allem spricht, dass die Tätigkeit der Regulierung von TK und Post vom BMWi nicht als dauerhafte Aufgabe verstanden wurde.

Regulierungsbehörde und Bundeskartellamt
In diesem Abschnitt wird teilweise auf die Vorgeschichte zurückgegriffen, weil insbesondere durch Äußerungen der Spitze des Bundeskartellamtes das Verhältnis zwischen den beiden hier in ihrem gegenseitigen Verhältnis beschriebenen Behörden deutlich wird. Dieter Wolf, damaliger Präsident des Bundeskartellamtes, hat am 27. Oktober 1997 Folgendes ausgeführt:

„In Deutschland sind in den letzten Jahren in mehreren Bereichen sektorspezifische Vorschriften zur Öffnung von Netzen für Dritte geschaffen worden, so beispielsweise in der TK und im Bahnbereich. Auch für die Elektrizitätswirtschaft wird eine eigene sektorspezifische Netzzugangsregelung diskutiert.

Natürlich ist das Ziel dieser sektorspezifischen Einzelregulierungen, in den jeweiligen Netzindustrien die Möglichkeit für Wettbewerb zu eröffnen, grundsätzlich zu begrüßen. Dennoch bin ich skeptisch bei der Verallgemeinerung dieses Liberalisierungsansatzes, denn er führt zu einer Sektoralisierung des Wettbewerbsrechts und birgt die Gefahr in sich, dass sich die Rechtspraxis in den genannten Netzindustrien von der Praxis des allgemeinen Kartellrechts abkoppelt. Deshalb - und auch, weil sich das Problem des Netzzugangs nicht nur in den bislang monopolistischen Leitungsindustrien, sondern zunehmend in neuen, dynamischen Wirtschaftsbereichen stellt - bin ich für einen generellen Lösungsansatz im Kartellrecht 86.”

Diese Passage der Rede zeigt eines sehr deutlich: Parallel zur Entwicklung des TKG und des PostG gab es in der Spitze des Bundeskartellamtes Bestrebungen, die sektorspezifische Regulierung zurückzudrängen zugunsten einer Erweiterung der Tätigkeit des Bundeskartellamtes. Dass es zu einer solchen Erweiterung der Zuständigkeit des Kartellamtes nicht gekommen ist, hat offensichtlich zu den später noch zu beschreibenden Auseinandersetzungen zwischen dem Bundeskartellamt und der RegTP beigetragen.

Bereits im Jahr 1996 hatte Präsident Wolf Folgendes dargelegt:

„Als Präsident des Bundeskartellamtes sehe ich mit Sorge, dass die Kompetenzzuweisungen, wie sie im Entwurf des Telekommunikationsgesetzes vorgesehen sind, den Keim eines wettbewerblichen ‚Sonderrechts’ für die Telekommunikation in sich tragen. Die Telekommunikation würde einem sektorspezifischen Wettbewerbsrecht unterworfen werden und sich zu einem Ausnahmebereich wie z B. dem Energiesektor entwickeln können. Mit solchen kartellrechtlichen Ausnahmebereichen haben wir durchweg schlechte Erfahrungen gemacht. Einmal zugelassen, ist politisch kaum zu erreichen, sie wieder in die allgemeine Wettbewerbsordnung zurückzuführen 87.”

Noch deutlicher als in den beiden oben beschriebenen Passagen hat sich der Präsident des Bundeskartellamtes in einem als Bericht abgedruckten Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) geäußert („Telekommunikationsgesetz baut neue Schranken für Wettbewerb auf”, FAZ, 26. Oktober 1995). In diesem Beitrag heißt es, dem Wettbewerb würde mit dem neuen Gesetz, das der Berliner Behörde (also dem Bundeskartellamt, Verf.) auf diesem neu entstehenden Markt nur eine Statistenrolle zugesteht, ein schlechter Dienst erwiesen. In der Auseinandersetzung darüber, ob die Wettbewerbs- oder Missbrauchsaufsicht in diesem, aber auch in anderen Fällen einer speziellen Regulierungsbehörde oder dem Bundeskartellamt übertragen wird, gehe es auch um die zukünftige Position der Berliner Kartellbehörde schlechthin.

Wolf verwies nach dem genannten Bericht der FAZ darauf, dass zu diesem Zeitpunkt nicht nur in der TK, sondern auch in der Elektrizitätswirtschaft und bei der Bahn die wettbewerbspolitischen Weichen für neu entstehende netzgebundene Märkte gestellt werden. Und so war seine Befürchtung groß, dass der Versuch, bei der TK eine fachspezifische Regulierungsbehörde mit der Wettbewerbsaufsicht zu beauftragen, Schule machen und den Einfluss des Bundeskartellamtes erheblich einschränken könnte. Wichtiger war für Wolf aber laut FAZ, dass nach seiner Auffassung die Übertragung der Wettbewerbsaufsicht auf eine fachspezifische Behörde immer zu einer Begrenzung statt einer Verstärkung des Wettbewerbs führt.

Hier wird deutlich, dass die Organisationsinteressen des Kartellamtes eine wesentliche Rolle bei der Frage gespielt haben, ob die Kartellbehörde für die Sektoren von TK und Post zuständig sein soll.

Verschärfend für die weiteren Erörterungen war, dass Wolf anlässlich einer Diskussion über Preissenkungen der DTAG im Fern- und Auslandstelefonverkehr und Preisstabilität bei Ortsverkehrstarifen nicht nur der Regulierungsbehörde, sondern der Bundesregierung „Mauschelei” und „Rechtsbruch” vorgeworfen hat. Regierung und Regulierungsbehörde hätten rechtswidrige Absprachen geduldet. Das Handelsblatt (Handelsblatt vom 9. Februar 1998, „Wolf: Die Telefon-Tarife der Telekom sind rechtswidrig”) hat dazu geschrieben: „Damit ist es gut vier Wochen nach Arbeitsaufnahme der Regulierungsbehörde zu einem ersten massiven Konflikt mit der Berliner Wettbewerbsbehörde gekommen...Wolf vermittelte den Eindruck, dass er insgesamt mit der Arbeit der jungen Regulierungsbehörde wenig einverstanden ist 88.”

Der ehemalige Bundespostminister Bötsch hat sich über die Vorgehensweise des Kartellamts beklagt. In einem Schreiben an Wolf (Süddeutsche Zeitung vom 11. Februar 1998) äußerte der ehemalige Postminister massive Kritik am Verhalten des Kartellamtspräsidenten. Er bat den Bundeskanzler Helmut Kohl um Rückendeckung gegenüber dem von Wolf erhobenen Vorwurf, er habe sich während seiner Amtszeit rechtswidriger „Mauscheleien” mit der Telekom schuldig gemacht. Bötsch wolle den Kartellamtspräsidenten bis zu einem bestimmten Stichtag die Gelegenheit geben, seine Äußerungen entweder zu dementieren oder sich in aller Form dafür zu entschuldigen. Wenn er dazu nicht in der Lage sei, behalte er, Bötsch, sich notfalls gerichtliche Schritte vor.

Schließlich hat auch der den beiden Institutionen Bundeskartellamt und Regulierungsbehörde vorgesetzte Minister Rexrodt in die Auseinandersetzung eingegriffen. Der Kartellamtspräsident Dieter Wolf musste sich beim Festakt zum 40-jährigen Bestehen seiner Behörde Kritik von seinem Bonner Dienstherrn, dem Bundesminister Rexrodt, anhören. Der Bundeswirtschaftsminister sagte in seiner Ansprache, er könne es „nicht zulassen”, dass 2 ihm unterstellte Behörden ihren Streit öffentlich austragen. Dies berichtete die Stuttgarter Zeitung vom 10. Februar 1998 unter dem Titel „Rexrodt rügt Kartellamtspräsidenten”.

Regulierungsbehörde und Bundesfinanzministerium
Nachdem die Regulierungsbehörde wegen ihrer angeblich zu laxen Entgeltregulierung mehrfach in die Schusslinie des Kartellamtes geraten war, gab es danach massive Kritik von Seiten des BMF. Der damalige Vertreter des Bundes im Aufsichtsrat der DTAG, der Staatssekretär im BMF, Jürgen Stark, warf dem Präsidenten der Regulierungsbehörde in einem Brief vor, dass die Behörde „mit einem gewissen Maß an offensichtlicher Willkür” in die Entscheidungsautonomie der DTAG eingreife, dadurch deren wirtschaftliche Basis „ernsthaft und schwerwiegend” beeinträchtige und das Unternehmen einem unnötigen „bürokratischen Belastbarkeitstest” unterwerfe (Süddeutsche Zeitung, 25. April 1998, Waigel und Staatssekretär: „Regulierer gefährden die Existenz der Telekom”). Der Staatssekretär äußerte sich besorgt über die bisherige Entscheidungspraxis der Regulierungsbehörde. Nach dem Grundverständnis des Regulierungsgesetzes, so der Staatssekretär, sei die aus eigener Kraft im Wettbewerb nachhaltig überlebensfähige DTAG wichtiger Bestandteil einer weltweit auf Erfolg angewiesenen deutschen TK-Industrie. Die bisherigen Entscheidungen der Regulierungsbehörde ließen aber „erhebliche Zweifel an dieser gemeinsamen gesetzlichen Grundüberzeugung” aufkommen. Die gegen die Telekom gerichteten Urteile der Regulierungs-Beschlusskammern drohten den Ex-Monopolisten in ganz erhebliche Schwierigkeiten zu bringen.

Als „völlig unverständlich” bezeichnete der Staatssekretär aus dem BMF die Tatsache, dass sich die Regulierungsbehörde bislang strikt geweigert habe, gesetzlich und politisch bei der Telekom veranlasste Sonderlasten bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen. Ebenso unverständlich sei es, dass die Bonner Behörde offensichtlich willkürlich in „sensible unternehmensinterne Bestimmungsgrößen wie Kapitalverzinsung oder Abschreibungsdauer” eingreife.

Als „völlig unzulänglich” kritisierte Stark auch die Hinweise der Regulierungsbehörde auf Preise und Kostenstrukturen ausländischer TK-Gesellschaften. Derartige Beispiele seien in der Regel durch „länderspezifische Rahmenbedingungen” geprägt und auf deutsche Verhältnisse nicht ohne Weiteres übertragbar. Hinzu komme, dass es sich bei den Wettbewerbern der Telekom - mit Ausnahme von Mannesmann ARCOR - in erster Linie um kapitalstarke Energieversorgungsunternehmen handele. Diese hätten die Möglichkeit, ihre erheblichen Verluste - mit entsprechenden, von der Monopolkommission kritisierten, wettbewerbspolitischen Verzerrungen - durch Gewinne aus ihren monopolistisch strukturierten Strombereichen auszugleichen.

Dieser Brief führte zu einer Reihe von Kommentaren, die das Problem deutlich werden lassen. Die Stuttgarter Zeitung (27. April 1998, „Streit um Regulierungsbehörde eskaliert”) schrieb Folgendes:

„Als Grund für die Initiative aus dem Finanzministerium wird in der Branche vermutet, das Waigel-Ressort [Finanzministerium, Verf] sei besorgt, dass die Entscheidungen der Regulierungsbehörde die Gewinnerwartungen der Telekom beeinträchtigen könnten und damit auch die Einnahmen des Bundes bei den anstehenden weiteren Aktienverkäufen. Allerdings habe der Gesetzgeber der Behörde den Auftrag erteilt, für Wettbewerb zu sorgen und keineswegs für hohe Gewinne der Telekom. Man arbeite nicht als Schutzbehörde der Telekom, sondern bemühe sich um faire Entscheidungen, die dem Wettbewerb und den Verbraucherinteressen dienen, hieß es dazu bei den Regulierern.”

Personalpolitische Konsequenzen erörtert ein Bericht des Tagesspiegels vom 5. Mai 1998 unter dem Titel „Regulierungsbehörde gerät in die Kritik”. Die Zeitung berichtete, dass zwischen Wirtschafts- und Finanzministerium erhebliche Meinungsunterschiede bestünden (laut Beiratsmitglied Fischer). Der Wirtschaftsminister vertraue alleine auf den Wettbewerb. Die SPD forderte laut Pressebericht in der Sitzung vor allem die industriepolitischen Folgen von Regulierungsentscheidungen stärker zu berücksichtigen. Bury (zu dieser Zeit damals ausschließlich Mitglied der SPD-Fraktion des Deutschen Bundestages) deutete an, dass die SPD Veränderungen an der Spitze der Behörde vornehmen könnte, falls sie im September 1998 die Regierungsverantwortung in Bonn übernimmt.

Dies geschah allerdings erst Anfang Februar 2001, nachdem Präsident Scheurle zum 1. Januar 2001 in die Privatwirtschaft gewechselt war und Matthias Kurth, Vizepräsident seit dem 1. März 2000, vom Bundeswirtschaftsminister zum Präsidenten der Behörde ernannt worden war.

Alle Abbildungsvorlagen vom Verfasser


Literaturhinweise

1 Kühn, Dieter: Die neue Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost. In: Jahrbuch des Postwesens, Bad Windsheim 1971

2 Herrmann, Ernst: Die Deutsche Bundespost, Baden-Baden 1986

3 Kühn, Dieter: Die neue Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost. In: Jahrbuch des Postwesens, Bad Windsheim 1971

4 Herrmann, Ernst: Die Deutsche Bundespost, Baden-Baden 1986

5 Herrmann, Ernst: Die Deutsche Bundespost, Baden-Baden 1986

6 Kühn, Dieter: Die neue Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost. In: Jahrbuch des Postwesens, Bad Windsheim 1971

7 Kühn, Dieter: Die neue Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost. In: Jahrbuch des Postwesens, Bad Windsheim 1971

8 Herrmann, Ernst: Die Deutsche Bundespost, Baden-Baden 1986

9 Herrmann, Ernst: Die Deutsche Bundespost, Baden-Baden 1986

10 Grande, Edgar: Vom Monopol zum Wettbewerb? Die neukonservative Reform der Telekommunikation in Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 1989

11 Möschel, Wernhard: Postreform im Zwielicht, Wirtschaftswissenschaftliches Studium (WiSt), Heft 4, April 1989

12 Bundesregierung: Konzeption der Bundesregierung zur Reform des Post- und Fernmeldewesens, 1988

13 Bundesregierung: Konzeption der Bundesregierung zur Reform des Post- und Fernmeldewesens, 1988

14 Fangmann, Helmut, Mitverf.: Handbuch für Post und Telekommunikation: Poststrukturgesetz; Basiskommentar, Köln 1990

15 Jäger, Bemd: Postreform I und II, Köln 1994

16 Pfeffermann, Gerhard 0.: Die Regulierung der Post- und Telekommunikationsmärkte in Deutschland, TELEKOM-Brief Nr. 4/97. Außerdem: „Einführung”. In: Beck'scher PostG-Kommentar, München 2000

17 Broß, Peter: Ordnungspolitische Fragen zur Telekommunikation, Vortrag bei der Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen e.V. am 6.5.1992, Redemanuskript

18 Broß, Peter: Umsetzung der Poststrukturreform in Deutschland - Stand der Deregulierung -. In: Regulierung und Wettbewerb in der Telekommunikation, Neue Rahmenbedingungen für den Markt, Bundesministerium für Post und Telekommunikation, Informationsserie zu Regulierungsfragen, Heft 3, 1991

19 BMWi: Wissenschaftlicher Beirat, Gutachten, Nr. 85, 1995

20 Witte, Eberhard: Regulierungsaufgaben nach der Privatisierung. In: Bauer, Neumann, Privatisierung der Telekommunikation, Bad Honnef 1994

21 Gabrisch, Christoph: Universaldienst in Deutschland, Wiesbaden 1996

22 Gabrisch, Christoph: Universaldienst in Deutschland, Wiesbaden 1996

23 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

24 Wilmer, Cutler, Pickering (Rechtsanwälte): Zehn Forderungen für eine effiziente Regulierungsbehörde in Deutschland

25 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

26 Material zur Anhörung des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes am 13.3.1996

27 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

28 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997 (Das Material zu diesen Anhörungen besteht neben dem Protokoll des BMPT [zum 7.1.1997] aus den Briefen, Aktenvermerken und teilweise sehr umfangreichen Ausarbeitungen der Personen und Institutionen, die zu den Anhörungen hinzugezogen worden waren.)

29 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

30 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

31 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

32 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

33 Knieps, Günter: Netzökonomie - Ein disaggregierter Ansatz -. In: Zippel, Wulfdieter (Hrsg.), Transeuropäische Netze, S. 11-28, Baden-Baden 1996

34 Knieps, Günter: Netzökonomie - Ein disaggregierter Ansatz -. In: Zippel, Wulfdieter (Hrsg.), Transeuropäische Netze, S. 11-28, Baden-Baden 1996

35 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

36 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

37 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

38 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

39 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

40 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

41 Wilmer, Cutler, Pickering (Rechtsanwälte): Zehn Forderungen für eine effiziente Regulierungsbehörde in Deutschland

42 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

43 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

44 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

45 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

46 Material zur Anhörung des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes am 13.3.1996

47 Wilmer, Cutler, Pickering (Rechtsanwälte): Zehn Forderungen für eine effiziente Regulierungsbehörde in Deutschland

48 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

49 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

50 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

51 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

52 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

53 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

54 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

55 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

56 Material zur Anhörung des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes am 13.3.1996

57 Knieps, Günter: Netzökonomie - Ein disaggregierter Ansatz -. In: Zippel, Wulfdieter (Hrsg.), Transeuropäische Netze, S. 11-28, Baden-Baden 1996

58 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

59 Schwintowski, Hans-Peter: Vortrag, Symposium Ordnung und Wettbewerb auf den TK-Märkten, Mai 1997, Humboldt-Universität, Berlin

60 Mestmäcker, Emst-Joachim und Witte, Eberhard: Gutachten zur Zuständigkeit für die Verhaltensaufsicht nach dem dritten und vierten Teil des Referentenentwurfs für ein Telekommunikationsgesetz, Hamburg und München 1995

61 Material zur Anhörung des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes am 13.3.1996

62 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

63 Pfeffermann, Gerhard 0.: Die Regulierung der Post- und Telekommunikationsmärkte in Deutschland, TELEKOM-Brief Nr. 4/97. Außerdem: „Einführung”. In: Beck'scher PostG-Kommentar, München 2000

64 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

65 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

66 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

67 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

68 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

69 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

70 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

71 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

72 Börnsen, Arne: Diskussionspapier zur Aufgabenerfüllung und Organisation der Regulierung in der Telekommunikation, 1996 (unveröffentlicht)

73 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

74 Protokoll der Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

75 Material zur Anhörung des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes am 13.3.1996

76 Material zur Anhörung des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes am 13.3.1996

77 Material zur Anhörung des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes am 13.3.1996

78 Material zur Anhörung des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes am 13.3.1996

79 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

80 Material zur Anhörung des BMPT zur Ausgestaltung der Regulierungsbehörde am 7.1.1997

81 Rittaler, Jan B.: Der Wettbewerb in der Telekommunikation, Wirtschaft und Wettbewerb, Nr. 9/1996, S. 699-707, 1996

82 Niederleithinger, Ernst: Wettbewerbs- und Fachaufsicht in der privaten TK-Wirtschaft. In: Festschrift für Ernst-Joachim Mestmäcker, Baden-Baden

83 Mestmäcker, Ernst-Joachim und Witte, Eberhard: Gutachten zur Zuständigkeit für die Verhaltensaufsicht nach dem dritten und vierten Teil des Referentenentwurfs für ein Telekommunikationsgesetz, Hamburg und München 1995

84 Knieps, Günter: Netzökonomie - Ein disaggregierter Ansatz -. In: Zippel, Wulfdieter (Hrsg.), Transeuropäische Netze, S. 11-28, Baden-Baden 1996

85 BMWi: Rede des Bundesministers für Wirtschaft, Dr. Günter Rexrodt, 7. Januar 1998

86 Wolf, Dieter: Eröffnungsansprache zur VIII. Internationalen Kartellkonferenz am 27. und 28. Oktober 1997 in Berlin

87 Material zur Anhörung des Deutschen Bundestags zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes am 13.3.1996

88 Bundeskartellamt: Zugang zu Netzen und anderen wesentlichen Einrichtungen als Bestandteil der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht, Arbeitsunterlage für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht, am 9. und 10. Oktober 1997