Deutsche Post AG Briefzustellung in Berlin, 2006UPS AirlinesPostbank Centerfiliale Berlin-Charlottenburg, Goethestr. 2-3, 2006PIN Briefzustellung in Leipzig, 2005DHL Paketzustellung, Post in neuem DHL-Design, 1.4.2003Deutsche Telekom, Gebäudekennung, Digi Park Flughafen Köln/Bonn, 2006Vodafone Gebäude Am Seestern Düsseldorf, 2004

Post und Telekommunikation

Der Gastbeitrag

 

Der folgende Beitrag von Heimo Thomas erschien erstmals in „Archiv für deutsche Postgeschichte”, Heft 2/1993. Mit freundlicher Zustimmung des Autors wird er Bestandteil dieser Dokumentation.

Zum Autor:
POSTDIENST-Direktor Heimo Thomas war nach der Integration der Deutschen Post der ehemaligen DDR in die Deutsche Bundespost bei der damaligen Generaldirektion Deutsche Bundespost POSTDIENST als Projektleiter mit seinem Team verantwortlich für die Entwicklung und Einführung des für Gesamtdeutschland gültigen Systems der 5-stelligen Postleitzahlen.



Postleitzahlbuch mit Komikfigur Rolf

 Die Geschichte der 5-stelligen Postleitzahl in Deutschland 

von Heimo Thomas

 Die Postleitzahl in Deutschland - ein Rückblick 

Als Postminister Richard Stücklen im Jahre 1961 4-stellige Postleitzahlen (PLZ) einführte, hatte er ein ähnliches Ziel vor Augen wie 32 Jahre später Dr. Klaus Zumwinkel, der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens „Deutsche Bundespost POSTDIENST”: durch Rationalisierung die Gebühren für Briefe und Pakete möglichst gering zu halten und die Laufzeiten zu verbessern. Denn nach Ende des Zweiten Weltkrieges - wie 44 Jahre später nach dem Fall der Mauer - hatte der Postverkehr stark zugenommen; gleichzeitig wurde die Zustellung immer teurer. Zwischen 1947 und 1957 stieg die Zahl der Briefe von 3,7 auf 7,2 Milliarden pro Jahr. Dem stand bis 1961 ein veraltetes Verteilsystem für die 24.109 Postorte gegenüber - kein Postmitarbeiter konnte diese große Zahl vollständig im Kopf behalten, geschweige denn jeden Ort problemlos geographisch einordnen. Außerdem gab es zahlreiche gleiche Ortsnamen. So existierten allein etwa 20 Gemeinden mit dem Namen „Neustadt”. Orte gleichen Namens wurden über den Postweg unterschieden: Weil es beispielsweise - neben der Hansestadt Bremen - ein Bremen in Württemberg und eines in Westfalen gab, setzte man für Bremen in Württemberg den Zusatz „über Saulgau” auf die Adresse, bei Bremen in Westfalen „über Werl”.

Doch auch Postleitzahlen existierten bereits: Seit 1853 verwendete die Thurn und Taxissche Postverwaltung Ringnummernstempel, deren Numerierung für die Postorte einem bestimmten System folgte. 1917 veröffentlichte Carl Bobe ein postalisches Organisationsschema und gliederte Deutschland in Großräume, regionale Gebiete und örtliche Bereiche. Am 1. November 1943 führte die damalige Reichspost neben den bereits bestehenden Feldpostnummern, die die Post zwischen Soldaten und Familien schneller befördern halfen, ein System von 2 Ziffern und zum Teil einem Buchstaben für alle Postsendungen ein. Bereits seit 1941 existierte dieses System für Päckchen, denn gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde es immer schwieriger, Fachkräfte mit ausreichendem geographischen Wissen zu finden. Der Nachteil der Zahlen von 1943: Für jeweils ein großes Gebiet stand nur eine Zahl zur Verfügung. Im Jahre 1952 existierten in der Bundesrepublik noch 9 dieser Zahlengruppen sowie die zusätzliche Buchstabenkennung. Daraus ergaben sich insgesamt 17 Leitgebiete.

Die Postleitzahlen der Reichspost verwendete nach dem Krieg kaum noch jemand. 1952 wurden lediglich 36 Prozent aller Sendungen mit der richtigen Nummer versehen. Daraus ergaben sich Schwierigkeiten bei der Verteilarbeit und es kam - als Folge - zu Fehlleitungen; die Laufzeiten stiegen. Gleichzeitig wuchsen Personal- und Nebenkosten deutlich an. Mitarbeiter wurden aber dringend benötigt. Zum Beispiel Kraftfahrer: Minister Stücklen forderte am 11. März 1957 die Oberpostdirektionen auf, den Bahnpostdienst auf Nebenstrecken einzuschränken und stattdessen Orte, die in Zukunft nicht mehr über die Schiene erreicht würden, über die Straße zu versorgen.

Die Umsetzung dieser Rationalisierungsmaßnahmen setzte die Einrichtung von Leitbereichen voraus, die nach einheitlichen Grundsätzen gegliedert waren. Deshalb wies der Postminister die Oberpostdirektionen am 20. März 1959 an, „Betriebspläne für die leitmäßige Zusammenfassung der Bestimmungsorte” zu erstellen. Diese bildeten die Grundlage des neuen Postleitsystems. Nachdem die Oberpostdirektionen bis zum Herbst 1959 ihre Ergebnisse an das Ministerium geschickt hatten, konnte am 6./7. April 1960 auf der „Fahrplankonferenz” in Ottobeuren die Einteilung festgelegt werden. An dieser Zusammenkunft nahmen Vertreter aller Oberpostdirektionen und Bahnpostbetriebsleitungen teil.

Es dauerte dann noch etwa anderthalb Jahre, bis die 4-stelligen Postleitzahlen ausgearbeitet waren. Berlin erhielt die symbolträchtige Postleitzahl 1000. Am 3. November 1961 konnte Richard Stücklen die Zahlen im Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen Nr.126 bekanntgeben.

Am 23. März 1962 trat Stücklen vor die Presse und informierte 254 Journalisten der Bundespressekonferenz. Er erklärte, warum sich die Post für 4-stellige Zahlen entschieden habe. Das Verkehrsgebiet war nun in 7 Leitzonen gegliedert. Jede Leitzone wurde noch einmal in bis zu 10 Leiträume unterteilt, jeder Leitraum wiederum in bis zu 10 Leitbereiche. Hinzu kamen, mit der 4. Stelle, die Postorte. Zum Beispiel stehen bei „5378 Blankenheim” die 5 für die Leitzone, die 53 für den Leitraum, die 537 für den Leitbereich und die 5378 für den Postort.

Die Pressekonferenz am 23. März 1962 bildete den Auftakt einer umfangreichen Werbekampagne für das neue Zahlensystem. Sie war geprägt von dem Slogan „Vergißmeinnicht - Die Postleitzahl”, den Peter Frankenfeld in der gleichnamigen Samstagabend-Show populär machte. Ziel von „Vergißmeinnicht” war es, den Bürger „als Kunden freundlich werbend zu überzeugen”, so Hans Joachim Klimek von der Oberpostdirektion Hamburg, damals im Postministerium für die Postleitzahlen zuständig. Da es weltweit keine Vergleichsgrundlage gab, war es völlig ungewiss, wie die Bevölkerung die Postleitzahlen annehmen würde. Betriebsfachleute gaben zu bedenken, dass die Zahlen erst dann effektiv seien, wenn mit ihnen etwa 75 Prozent aller Sendungen versehen sein würden.

Daher hatte das Fachreferat Werbung bereits Anfang des Jahres 1961 seine Arbeit aufgenommen. Die Werbekampagne, die erst nach der Veröffentlichung der Zahlen einsetzte, stellte vor allem 4 Vorteile heraus:

Die Einführung der Postleitzahlen erfüllte - trotz anfänglich kritischer Berichterstattung in der Presse - die hohen Erwartungen. Mit der Verteilung des PLZ-Verzeichnisses an die Bevölkerung im März 1962 stieg die Zahl der Briefe, die mit den neuen Ziffern versehen waren, beträchtlich: Schon knapp 4 Wochen danach standen sie auf über der Hälfte aller Sendungen; das ergab eine erste Zählung am 6. April 1962. Diese Zahl stieg auf 64,7 Prozent am 6. Juli 1962. Nach einer 2. intensiven Werbekampagne wurde zum Jahresende 1962 der Durchbruch erzielt. Bereits jetzt benutzten 77,4 Prozent aller Geschäftskunden die Postleitzahl, außerdem 68,7 Prozent der Privatkunden. Bei einigen Oberpostdirektionen wurden bereits knapp 80 Prozent erreicht, ein Amt meldete sogar 96,7 Prozent. Fehlleitungen und Verzögerungen traten anfangs vor allem bei Orten mit gleichen oder ähnlich lautenden Namen auf. Das lag zum Teil daran, dass die Absender eine falsche Postleitzahl angegeben hatten, zum Teil aber auch an dem Umstand, dass Verteilkräfte- trotz richtiger Zahl- die Post falsch zuordneten.

Der Postdienst bilanzierte die Einführung der 4-steiligen Postleitzahl als großen Erfolg. Zahlreiche ausländische Postverwaltungen folgten dem deutschen Beispiel: Die Deutsche Bundespost war die erste Post der Welt, die Postleitzahlen einführte. Heute gibt es ähnlich strukturierte Systeme in etwa 60 Ländern.

 Der Weg zur 5-stelligen Postleitzahl 

Am 9. November 1989 wurde die Grenze zwischen den beiden Teilen Deutschlands geöffnet. Die Stunde, die Planer des 4-stelligen Systems bereits im Hinterkopf gehabt hatten, war gekommen. Wenige Monate später gab es in der Generaldirektion POSTDIENST erste Überlegungen, gesamtdeutsche, einheitliche Postleitzahlen einzuführen. Die Reserven von 1961 erwiesen sich als nicht mehr ausreichend - und zwar nicht nur für Ost, sondern auch für West: „Wo früher grüne Wiese war, sind heute blühende Wirtschaftsräume mit hohem Briefaufkommen”, beschrieb Dr. Günter W. Tumm, Vorstand für „Produktion Brief”, die Veränderungen im Westen.

Auch in der ehemaligen DDR hatte es ein ausgeklügeltes Leitsystem gegeben. Die Deutsche Post hatte am 1. Januar 1965 4-stellige Postleitzahlen eingeführt. Die DDR-Systematik war sogar flexibler als die westdeutsche. Auf der Ebene der Leitbereiche waren ganze Zahlenbereiche zusammengefasst, während es in Großstädten eigene Zahlen für Zustell- und Ausgabeämter gab.

Eine Vereinheitlichung der beiden Systeme war unbedingt notwendig; das machten schon die ersten Tage nach dem 9. November deutlich. Zum einen existierten rund 800 Doubletten, die beseitigt werden mussten: zum Beispiel 5300 Bonn und 5300 Weimar. Zum anderen nahm mit der Öffnung der Grenze der Postverkehr erheblich zu. Verschickten vor der Wende meist Privatleute Briefe und Päckchen, kamen jetzt Massendrucksachen und Paketsendungen von Versandhäusern hinzu. Außerdem verstärkte sich der deutsch-deutsche Briefaustausch in Wirtschaft und Verwaltung, zumal das Telefonnetz der ehemaligen DDR noch löchrig oder unbrauchbar war. Da gleichzeitig die politische Entwicklung auf die Wiedervereinigung hinsteuerte, wurden im Frühjahr 1990 erste Planungen für ein gesamtdeutsches Leitsystem aufgenommen.

Am 26. April 1990 überreichte der zuständige Geschäftsbereich dem Vorstand des Postdienstes eine Beschlussvorlage. Darin wurde der Vorstand aufgefordert, der Bildung einer Expertengruppe, deren Mitglieder aus beiden Postverwaltungen rekrutiert werden sollten, zuzustimmen. Diese Gruppe sollte den Auftrag erhalten, ein „einheitliches Postleitzahlensystem für das künftige gesamtdeutsche Verkehrsgebiet” auszuarbeiten.

Im Juni 1990 vereinbarten die Deutsche Bundespost POSTDIENST und die Deutsche Post der DDR die Bildung einer „Projektorganisation Postunion”. Diese strebte eine Harmonisierung der postalischen Verhältnisse in ganz Deutschland an. Eine „Arbeitsgruppe 22” bereitete im Anschluss daran ein gesamtdeutsches Postleitzahlensystem vor. Nach der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 konnte die „Projektorganisation Postunion” aufgelöst und eine neue, nationale Organisation gebildet werden. Die Leitung übernahm POSTDIENST-Direktor Heimo Thomas. Das Gesamtteam wurde in 3 Einzelgruppen aufgeteilt: die 1. zeichnete für die „Systemplanung” verantwortlich, die 2. für den „Anwenderservice” und die 3. für „Kommunikation”.

Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass das westdeutsche System von 1961 nicht einfach auf die neuen Bundesländer übertragen werden konnte. Denn die Postleitzahlen von damals waren schon für den westlichen Bedarf nicht mehr optimal anwendbar. So hatte es bereits in den 1970er Jahren Überlegungen gegeben, die Postleitzahlen zu reformieren. Denn für große Ausgabeämter und Großernpfänger gab es keine eigenen Postleitzahlen, was den Sendungsfluss erheblich beschleunigt hätte. Außerdem hatten sich seit 1961 die Verkehrsstrukturen erheblich verändert. Daher mußte die Leitorganisation häufig korrigiert werden.

Obwohl die Leitzahlen der ehemaligen DDR viele dieser Mängel nicht aufwiesen, bestand ebenfalls keine Möglichkeit, sie für den Westen zu übernehmen: Die Deutsche Post hatte die Zahlen von 1000 bis 9999 für den eigenen Bereich bereits voll ausgeschöpft. Hier zeigte sich auch der 2. Grund, der eine Ausweitung der bundesdeutschen Leitsystematik unsinnig werden ließ: die ehemalige DDR hätte das weniger differenzierte westdeutsche System übernehmen müssen. Sie verfügte über 9 Leitregionen, die zwar im Aufbau den Leitzonen der Bundesrepublik entsprachen, von denen es hier aber nur 8 gab.

Also musste ein ganz neues System geschaffen werden. Dies war der Tenor eines Thesenpapiers, das der zuständige Geschäftsbereich der Beschlussvorlage vom 26. April 1990 beigelegt hatte, die dem Vorstand präsentiert wurde. Die Projektorganisation arbeitete also bereits fieberhaft an einer neuen Leitlogik. Nach einem im Februar 1991 aufgestellten Zeitplan sollten schon im Juni des Jahres „Verbände und gesellschaftlich relevante Gruppen” von der Umstellung unterrichtet werden. Die Oberpostdirektionen wurden aufgefordert, zu diesem Zeitpunkt Lageberichte über die regionale Leitstruktur zu verfassen.

Postleitzahlen
im internationalen Vergleich
Land Jahr
der Einführung
Stellenzahl Probleme Pflegeaufwand
DM/Jahr
USA 1963/1975 ZIP(5)/ZIP+4 komplex 600 Millionen
Frankreich 1965/1981 5/5+Cedex zu wenig Reserve 18 Millionen
Niederlande 1978 6 (4+4) komplex /
wenig Reserve
97 Millionen
Schweden 1968 5 wenig Reserve 30 Millionen

Etwa zeitgleich nahmen die 3 Projektgruppen ihre Arbeit auf. Gruppe 1, die ab Mai 1991 permanent in Darmstadt tagte, begann, Erfahrungen ausländischer Postverwaltungen zusammenzutragen und zu analysieren. Bei diesem internationalen Vergleich kam es vor allem auf 2 Aspekte an: die Wirtschaftlichkeit und die Kundenakzeptanz. Nach der Auswertung eines Erfahrungsaustausches mit den Postdiensten der USA, Schwedens, der Niederlande und Frankreichs sowie Planspielen mit verschiedenen Leitzahlmodellen kamen schließlich nur 3 Systeme in die Endauswahl: ein 5-stelliges numerisches und die beiden mehrstelligen alphanumerischen der USA und der Niederlande.

Für das 5-stellige numerische Modell sprachen letztlich mehrere Gründe. Einmal war es notwendig, das „O” und „W”, das seit dem Mauerfall vor die alten Leitzahlen geschrieben wurde, aus dem wiedervereinigten Deutschland zu verbannen. Denn die Kunden erwarteten eine eindeutige Postleitzahl ohne Zusatz. Eine 5-stellige Zahl ermöglichte zudem eine hohe Automatisierung und damit eine kostengünstige Bearbeitung. So ergaben Modellstudien in Form von rechnerischen Betriebstests eindeutige Vorteile für die FünfsteIler.

Weil Erfolg oder Misserfolg letztlich davon abhingen, wie die Kunden das neue Leitsystem aufnehmen würden, gab der POSTDIENST eine Repräsentativumfrage in Auftrag. Die Meinungsforscher führten Telefoninterviews mit 507 Haushalten und 1504 Betrieben im Verkehrsgebiet West (VGW). Laut Auswertung des beauftragten Instituts war „das Verständnis für die Einführung neuer Postleitzahlen mit 86 Prozent sehr hoch”. Ein System mit 5 Ziffern ließ die größte Akzeptanz erwarten. Die Studie ergab aber auch, dass das neue Leitsystem geographische Gegebenheiten berücksichtigen musste. Das hieß: „Die geographische Lage des Postortes muss aus den neuen Postleitzahlen zu erkennen sein.” 98 Prozent der Haushalte gaben darüber hinaus an, die Umstellungsprobleme seien lösbar.

Gleichzeitig hatte der POSTDIENST Informationen bei der niederländischen PTT, der „Sweden post” und der französischen LA POSTE eingeholt, welcher Kundenservice dort bei der Einführung von Postleitzahlen betrieben wurde. Als effektiv hatten sich zum Beispiel die kostenlose Ausgabe eines PLZ-Verzeichnisses und die Gratis-Aktualisierung von Großkundendateien erwiesen. Darüber hinaus forschten die POSTDIENST-Vertreter, welche Akzeptanz sie aufgrund der ausländischen Erkenntnisse erwarten konnten.

Alle Informationen flossen in die Vorstandssitzung am 15. Oktober 1991 ein. Dr. Tumm beantragte bei dieser Versammlung, „der Einführung eines 5-stelligen, hierarchisch aufgebauten, rein numerischen Systems als neue Postleitzahl mit Einführungstermin 1. Juli 1993 zuzustimmen”. Außerdem postulierte er, „die Arbeitsgruppe Systemplanung zu beauftragen, einen Beschlussvorschlag für die Richtlinien zur Postleitzahlenvergabe (...) zu erarbeiten”, und drittens die Arbeitsgruppe Kommunikation zu beauftragen, eine Informationsveranstaltung zu organisieren, eine Pressemitteilung zu verfassen und „ein grobes Kommunikationskonzept zur Information der Öffentlichkeit” zu erstellen.

Am 31. Oktober 1991 ging die Pressemitteilung an die Redaktionen und Agenturen. Unter der Überschrift: „1993 neue 5-stellige Postleitzahl” fasste Dr. Zumwinkel die Vorteile des neuen Systems zusammen: „Die unterschiedlichen Postleitzahlen werden zu einem einheitlichen System für das ganze Land zusammengefasst, (...) das neue System wird für die Kunden einfacher, übersichtlicher und verwechslungssicher, der Postbetrieb wird zuverlässiger, rationeller und schneller.” Gleichzeitig versprach „ausreichende Übergangsfristen”, eine „breite Kommunikation” und für jeden Postkunden „ein neues Postleitzahlenverzeichnis frei Haus”. Geschäftskunden kündigte er „umfangreiche Hilfen zum Berichtigen und Abgleichen der Adressdateien” an.

Das rein numerische, geographisch aufgebaute System war also letztlich der Kompromiss zwischen den Anforderungen eines effizienten Betriebsablaufs und den Kundenwünschen. Mit 5 Ziffern - das hatten die Vorabuntersuchungen gezeigt - würde das neue Briefkonzept mit seinen 83 Briefzentren optimal funktionieren. 5 Stellen würden sowohl die angestrebte Laufzeit E+1 ermöglichen als auch genügend Reserven für die Zukunft bieten. Und 5 Stellen würden auch die Kunden akzeptieren.

Postleitzahlen-System

Im Gegensatz zum 4-stelligen System, das zustellbezogen aufgebaut war, lenkt die 5-stellige Postleitzahl eine Sendung exakt an ihr Bearbeitungsziel. Ob sie zugestellt wird, für ein Postfach oder für einen Großkunden bestimmt ist, wird dabei streng unterschieden. Bei der Zustellung ordnet die Postleitzahl eine Sendung konkret einer Zustellergruppe zu, beim Postfach wird sie direkt in den Postfachschrank geführt und bei Großkunden an einen geeigneten Ausgabeplatz, zum Beispiel eine Rampe.

Die neuen Zahlen wurden in erster Linie nach betrieblichen Gesichtspunkten zugeteilt; dabei wurde allerdings weitgehend berücksichtigt, dass ein Ort zumindest über die beiden ersten Ziffern geographisch einordbar ist. Diese ersten 2 Zahlen bezeichnen die Zielregion und damit, nach Umsetzung des Briefkonzeptes, das Briefzentrum einer Region. Die Ziffern an der 3. bis 5. Stelle der Postleitzahl zeigen an, wo der Kunde wohnt, wie er seine Post erhält (Zustellung oder Postfach) und ob er Großkunde ist. Zum Beispiel wurden 001 bis 079 den Postfachschränken einer Region zugeordnet, 080 bis 101 den Großkunden, 102 bis 121 der Zustellung. In jedem dieser Zahlenbereiche ist bereits eine Reserve implementiert.

Im Juni 1992 standen die ersten Zahlen fest. Wenn auch zu befürchten war, dass niemand die „Nullen der Nation” sein wollte, mußte aus systemimmanenten Gründen - neben den Ziffern 1 bis 9 - auch die Null vergeben werden. Sie wurde Sachsen und Teilen Sachsen-Anhalts zugeteilt, linksdrehend folgten die Ziffern 1 bis 8, und die Region Oberpfalz/Franken/Thüringen bekam die 9. So konnte die 1. Ziffer der alten Postleitzahl für 70 Prozent der Bevölkerung beibehalten werden. Jeder Ort erhielt eine eigene zustellbezogene Zahl, 209 Orte mit jeweils mehr als 40 Zustellbezirken sogar mehrere. Umgerechnet betraf diese Regelung Städte mit mehr als 30.000 bis 50.000 Einwohnern. Diesen wurde eine Zahl für jeweils durchschnittlich 20 Zustellbezirke zugeordnet. In der Regel gelten die ersten 2 Ziffern für eine ganze Stadt; Ausnahmen bilden Großstädte wie Berlin, Hamburg, Köln oder Frankfurt.

Über die 8200 zustellbezogenen Postleitzahlen hinaus wurden sämtlichen deutschen Postfachschränken, die jeweils bis zu 50 Postfächer beinhalten, eigene Nummern zuteil, 16.500 insgesamt. Außerdem erhielten Großkunden, die werktäglich mehr als 2000 Sendungen bekommen, ihre eigene Postleitzahl. Wer die Sendungsmenge nicht erreichte, wurde mit anderen Geschäftskunden zu einer Gruppe zusammengefasst. Insgesamt fielen rund 1700 Großkunden-Zahlen an.

Karte BZ

Die Regionen der Briefzentren. Ihnen sind die ersten 2 Postleitzahlziffern zugeordnet
Grafik: Deutsche Post AG

Während sich in der Bonner Generaldirektion die Teams um Projektleiter Dieter Meck und Ministerialrat Gerhard Möller, den POSTDIENST-Kommunikationschef Dr. Gert Schukies mit der Leitung der PLZ-Öffentlichkeitsarbeit betraut hatte, vorwiegend um Kundenanfragen, Druckwerke und Öffentlichkeitsarbeit kümmerten, steuerte die Darmstädter Projektgruppe „Systemplanung” um Reinhold Kuhlmann die Evolution der neuen Zahlen. Im Mai 1991 war sie im Posttechnischen Zentralamt in Klausur gegangen. Zu ihnen zählte auch der Mathematiker Fredo Queck, der Anfang der 1960er Jahre die DDR-Postleitzahlen entwickelt hatte und nun seine Erfahrungen einfließen ließ.

Bei ihrer Arbeit mussten die Darmstädter nicht nur die betrieblichen und geographischen Gegebenheiten in den Orten berücksichtigen, sondern auch die Eingaben der parallel arbeitenden Gruppen für das neue Brief-, Fracht- und Zeitungskonzept und die Vorgaben von Rationalisierungsexperten. Die größte Planungsarbeit lag bei den 370 Postämtern mit Verwaltung (V), die - nach genauen Vorgaben - bis zu 60.000 Planungszahlen und rund 600.000 Straßendaten eruierten. Dann wurden die letzten 3 Ziffern - vom Stadtkern ausgehend -linksdrehend den Zustellbezirken zugeordnet. Unterstützt wurden die Postämter dabei von 25 geschulten Planungsberatern.

Gruppenbild

Das Darmstädter Team um Reinhold Kuhlmann (li) und Fredo Queck (hinten Mitte)
lenkte die Findung der Postleitzahlen
Foto: Deutsche Post AG

Sämtliche Informationen wurden schließlich in den Großrechner des Rechenzentrums Köln per Datenfernübertragung eingegeben. Fast 40 Mitarbeiter unter der Leitung von Henry Ristedt waren seit September 1992 rund um die Uhr und an Wochenenden damit beschäftigt, die eingehenden Daten zu überprüfen, mit Archivdaten abzugleichen und in die endgültige PLZ-Datenbank zu überführen. Gerhard Fischer, der von Darmstadt und Bonn aus zentral sämtliche EDV-bezogenen PLZ-Projekte steuerte, nannte vor allem die gewaltigen Datenmengen und Rechenoperationen als Grund dafür, dass die endgültigen Ziffern erst kurz vor Veröffentlichung fertig wurden: Denn viele Tippfehler und falsche Schreibweisen hatten sich bei der manuellen Eingabe eingeschlichen; zudem waren einige Hausnummern vergessen oder Postleitzahlen vertauscht worden. Außerdem wurden in manchen Orten, vor allem in den neuen Bundesländern, Gebiete umstrukturiert oder Straßennamen umbenannt, nachdem die Postleitzahlen zugeteilt waren.

Nach Eingabe solcher Korrekturen dauerte es - trotz des Hochleistungsrechners - jedesmal fast ein Wochenende, bis eine sogenannte Überleitdatei generiert war, die in die endgültige PLZ-Datenbank überführt werden konnte. Die meisten Berichtigungen konnten noch vor dem Druck in das Postleitzahlenbuch eingebracht werden. An anderen Stellen enthielt die erste Auflage nur sehr wenige Fehler; auf 0,1 Promille schätzte Fischer die Fehlerquote. Korrekturen wurden seitdem vierteljährlich über das Amtsblatt bekanntgemacht und in BTX [Bildschirmtext] ausgeführt.

Seit Anfang März 1993 konnten die Bürger erste Exemplare des neuen Postleitzahlenbuchs am Schalter für 10 Mark kaufen. Ab Anfang Mai wurden rund 34 Millionen Postleitzahlenbücher, etwa 1000 Seiten stark und 1,3 Kilogramm schwer, vor allem nachmittags und an Wochenenden von Post-Zustellern in die Haushalte verteilt. 5 deutsche Druckereien hatten den „größten Druckauftrag aller Zeiten”, wie es in einer Pressemitteilung hieß, erhalten: Burda GmbH (Darmstadt), Mohndruck (Gütersloh), Schwann-Bagel (Mönchengladbach), Sebald Druck und Verlag (Nürnberg) und Gruner&Jahr (Itzehoe). Nach Fertigung wurden die Bücher an die 13.000 Zustellpostämter transportiert, von wo aus sie Briefträger persönlich und - gegen eine Prämie von 60 (Angestellte) oder 70 Pfennig (Beamte) pro Buch - bei den Kunden ablieferten. Ende Mai waren sämtliche Haushalte beliefert. Bis zum 1. Juli konnten die Bürger zudem numerische, Postfach- und Großkunden-Verzeichnisse erwerben.

Die betriebliche Umstellung wurde in mehreren Ämtern über Wochen getestet. So konnten wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, wie die Arbeitsmittel zu gestalten sind und wie der Umstellungsprozess optimiert werden kann.

Die Beschaffung der Arbeitsmittel stellte den POSTDIENST und seine Lieferanten vor große Herausforderungen. 72.000 Tagesstempel waren richtig und termingerecht zu beschaffen. Viele Millionen Formblätter (das sind Etiketten, die an einem Briefbund oder Briefbeutel befestigt werden und Angaben über sein Ziel enthalten) waren zu entwerfen und mussten gedruckt werden.

Für die Verteiltechnik waren neue Sortiertabellen zu entwickeln und in die Briefverteilmaschinen einzuprogrammieren. Darüber hinaus mussten die Programme erweitert werden, damit neben der neuen auch die alte Postleitzahl noch verarbeitet werden konnte. Die Videocodierung wurde ergänzend zur 4-steiligen auf die 5-stellige Postleitzahl aufgerüstet, und nicht zuletzt mussten sich die Verteilkräfte zu den alten, bekannten Postleitzahlen die neuen zusätzlich einprägen.

Seit Juni waren alle Briefabgangs- und Briefdurchgangsstellen in Deutschland umgerüstet worden, sodass die Mitarbeiter schon mit 5 Ziffern trainieren konnten. Die' Verteilfachwerke trugen nun die alten und die neuen Ziffern. Neben fingierten Übungsbriefen mussten die Beschäftigten auch schon echte Sendungen bearbeiten: Allein im Mai trugen über 200.000 Schreiben vorzeitig die neue Postleitzahl.

Je näher der Stichtag heranrückte, desto sachlicher wurde die öffentliche Diskussion um die Systemumstellung. Emotionsgeladene Argumente kamen nur noch dann auf, wenn es um Kosten ging: Milliardenbeträge, prophezeiten einige Journalisten, müssten Firmen für die Aktualisierung ihrer Datenbanken und den Druck neuer Geschäftspapiere aufbringen. Es stellte sich heraus, dass sehr viele Adressbestände der Firmen unter mangelnder Pflege gelitten hatten: falsche Schreibweisen, fehlende Hausnummern, unrichtige Postleitzahlen waren weit verbreitet. Zum Teil lag die Fehlerquote bei 40 Prozent. Die Kosten entstanden deshalb vor allem durch manuelle Korrekturarbeiten; es blieb der Vorteil, am Ende eine aktuelle und „saubere” Adressdatei vorzufinden.

Foto Zumwinkel/Tumm

Dr. Klaus Zumwinkel (li) und Dr. Günther W. Tumm
werfen im Dezember 1992 einen Blick auf die erste endgültige Postleitzahlen-Liste,
die der Computer ausgedruckt hat
Foto: Deutsche Post AG

Am 28./29. Juni führte das Berliner Forsa-Institut eine letzte Meinungsumfrage durch. Das Ergebnis: 96 Prozent aller Bundesbürger über 14 Jahre kannten das Thema „Neue Postleitzahlen”. 53 Prozent waren durch Berichte und Reportagen, 67 Prozent durch Werbung und 29 Prozent durch persönliche Gespräche darauf aufmerksam geworden (Mehrfachnennungen). 92 Prozent wussten, dass die neuen Zahlen 5 Stellen haben werden, 98 Prozent, dass sie ab Juli 1993 gelten. Kritisch zeigten sich die Bürger gegenüber den Vor- und Nachteilen: 49 Prozent sagten aus, sie nutzten der Post und nicht den Kunden, während nur 34 Prozent eine schnellere und 10 Prozent eine billigere Zustellung erwarteten. Dennoch zeigten sich 39 Prozent aus Überzeugung zum Mitmachen entschlossen und 53 Prozent, „weil nichts anderes übrig bleibt”.

Als der POSTDIENST am 1. Juli 1993 eine erste Bilanz zog, beliefen sich die Projektkosten auf rund 400 Millionen Mark: 80 Millionen für Informationen, 120 Millionen für den Druck der PLZ-Bücher und 200 Millionen an Sach- und Personalkosten für die Umstellung im eigenen Haus. Die Druckhäuser, die sich prall gefüllte Auftragsbücher durch neues Geschäftspapier versprochen hatten, sahen sich derweil enttäuscht: Die meisten Firmen überklebten oder überstempelten anfangs ihre alte Adresse mit der neuen. Der „Bundesverband Druck” prognostizierte statt eines Booms sogar einen leichten Umsatzrückgang für 1993.

 Die Kommunikation für die neuen Ziffern 

Um finanzielle Einbußen durch die Postleitzahlen-Umstellung zu minimieren, hatte sich das Kommunikationsteam im Sommer 1991 entschlossen, mit Hilfe von Werbung, Marketing, Public- und Human-Relations die Akzeptanz in der Bevölkerung und in den eigenen Reihen zu fördern. Der Aufwand müsse „umso höher sein, je komplizierter das System ist”, hieß es in einer Empfehlung der Hamburger Werbeagentur Lintas vom Juli 1991. Dem Entschluss lag eine Prognose zugrunde: Jedes Prozent der Briefe, das anstatt der neuen, richtigen Ziffern eine falsche Angabe trägt, würde den POSTDIENST durch Nachbearbeitung rund 50 Millionen Mark jährlich kosten (zum Vergleich: 98,5 Prozent aller Sendungen trugen den richtigen Viersteller). Eine Kampagne schlüge dagegen mit etwa 80 Millionen Mark zu Buche. Würden somit durch sie nur 1,6 Prozent mehr Sendungen die Fünfsteller verzeichnen, wären die Kosten bereits nach einem Jahr ausgeglichen.

Es war abzusehen, dass viele Postkunden zunächst Vorbehalte gegen die Umstellung haben würden, weil die Vorteile nicht auf den ersten Blick klar erkennbar sein würden. Erst später würden sie Qualitätsverbesserungen, den Rationalisierungseffekt und den daraus hervorgehenden „return of investment” erkennen. Die Werbeexperten entschlossen sich aus diesem Grund, zunächst die „neue Post”, das marktwirtschaftlich operierende Unternehmen, und nicht gleich das neue Postleitzahlen-System zu propagieren. Die Agentur Lintas, die nach einer Ausschreibung den Zuschlag für das Werbebudget erhielt, entwickelte dafür ein 3-stufiges Kommunikationsmodell:

  1. die „Akzeptanzphase” (4. Quartal 1992): die Imagekampagne;
  2. die Informationsphase (1. Quartal 1993): Vermittlung der Notwendigkeit neuer Postleitzahlen;
  3. die Motivationsphase (2. Quartal 1993): Überwindung letzter Widerstände gegen die 5 Ziffern.

5 Zielgruppen galt es, Notwendigkeit und Stichtag zu vermitteln: den Privatkunden im schreibfähigen Alter (rund 60 Millionen), den Geschäftskunden (rund 3 Millionen), den Postdienst-Mitarbeitern, den Meinungsbildner bei Presse, Funk und Fernsehen sowie den Firmen und Postdiensten im Ausland.

Phase 1 wurde durch den Slogan „Wir haben uns viel vorgenommen” geprägt: Der POSTDIENST versprach, nicht nur die größte, sondern auch die beste europäische Post zu werden. 4 Werbespots liefen im Fernsehen, von denen vor allem einer lange nachwirkte: In ihm setzte eine Hand ein postgelbes Deutschlandpuzzle zusammen und symbolisierte damit die POSTDIENST-Zusage, das Land flächendeckend zu versorgen. Das Puzzle fand so großes Interesse, dass es später mit Erfolg an den Schaltern verkauft wurde.

Weitere Spots wurden für Phase 2 produziert, die als cineastische Glanzstücke Werbegeschichte machten: 6 der besten deutschen Filmemacher, die bislang Werbung aus berufsethischen Gründen gemieden hatten, konnten als Regisseure gewonnen werden: Doris Dörrie (bekannt durch den Film „Männer”), Hark Bohm („Nordsee ist Mordsee”), Helmut Dietl („Schtonk”), Wolfgang Petersen („Das Boot”, Michael Verhoeven („Die weiße Rose”), Carl Schenkel („Abwärts”) und der Karikaturist Vico von Bülow alias Loriot („Pappa ante portas”). Am 27. Januar 1993 wurden die Spots en bloc im altehrwürdigen Hamburger „Passage”-Kino der Presse präsentiert; 4 der Regisseure nahmen teil. „Kommunikation hat ohne die kreative Kraft der Kunst keine Chance”, kommentierte Dr. Zumwinkel die Zusammenarbeit.

aus Hark Bohm-Clip aus Loriot-Clip

Szenen aus den Werbefilmen der Star-Regisseure Hark Bohm (li) und Loriot
© Deutsche Post AG

6 der 7 Spots finden Sie hier.

Neben den Werbefilmen veröffentlichte der POSTDIENST Anzeigen in Printmedien. „Wir sind alt genug, um ganz von vorn anzufangen” (Motiv: Briefmarke „500 Jahre Post”) lautete etwa ein Slogan der Image-Phase 1. Erst ab Phase 2 informierten die Werbetexte über Sinn und Zweck der neuen Zahlen.; Die Anzeigen zeigten nun Traumlandschaften, die der Amsterdamer Meisterfotograf Leen Thijsse abgelichtet hatte und in die jeweils 5 Ziffern per Computer kopiert worden waren. Insgesamt gab es 40 Anzeigenmotive für die Postleitzahlen-Kampagne, die 356-mal geschaltet wurden.

Geschäftskunden waren schon vor der offiziellen Bekanntgabe der neuen Postleitzahlen über die mögliche Umstellung unterrichtet worden. Die frühe Kontaktaufnahme mit Großkunden war notwendig, da Geschäftspost rund 80 Prozent des Sendungsaufkommens ausmacht und die Unternehmen meist mit großen Computer-Adressbeständen arbeiteten, deren Bereinigung und Umstellung gut organisiert sein musste.

Ab Ende Januar 1993 sind verschiedene Mailings an Geschäfts- und Postfachkunden versandt worden, in denen der POSTDIENST über das 5-stellige System informierte und Unterstützung bei der Umstellung anbot. 3.500 Info-Disketten, 46.000 Disketten mit fingierten Testdaten als Grundlage für Programmierer und 70.000 Broschüren, in denen die Umstellungslogik beschrieben wurde, wurden in der Folgezeit verschickt. Gleichzeitig berichtete die Kundenzeitschrift „Post-Plus” (Auflage 400.000) über Postleitzahl-Neuigkeiten.

Für Software- und Hardware-Häuser sowie für Programmierer veranstaltete der POSTDIENST 2 EDV-Foren mit über 1.000 Teilnehmern. Betriebe, die von der Umstellung betroffen waren, konnten auf 160.000 Exemplare eines „Softwareführers” zurückgreifen, der Adressen von 420 Firmen enthielt, die Beratung und Konvertierprogramme anboten. 3 qualifizierte Softwareberater, die der POSTDIENST eigens für die Kampagne engagiert hatte, betreuten die größten und wichtigsten Kunden.

Währenddessen wurden die rund 360.000 Postdienst-Mitarbeiter auf den „Tag X” trainiert. Die Organisation oblag weitgehend der Hamburger Medienagentur Complan. Sie organisierte im Juni 1992 eine erste große Informationsveranstaltung im Bonner Hotel Maritim, genannt „TOP 100”. Hier wurden die Postdienst-Führungskräfte über das neue Denken und die 5-stelligen Postleitzahlen ausgiebig informiert. Anfang September erhielten die über 800 Geschäftskundenberater Infopakete mit einem Fragen/Antworten-Katalog und einem Farbfoliensatz für die Präsentation des neuen Systems vor Geschäftskunden. Außerdem stand ab Ende September eine Diskette zur Verfügung, die tiefer in die Systemlogik einführte, und ab Oktober ein Leitfaden, der ständig von der Generaldirektion aktualisiert wurde. Ab Ende Oktober wurden die Berater in kleinen Teams von 30 bis 50 Personen in sogenannten Success- Coachings intensiv geschult. Auch für Amtsvorsteher und Leiter der Pressestellen standen Anfang September 1992 Info-Pakete und Broschüren für Vorträge und Seminare bereit.

Gruppenfoto

Die Bonner Projektgruppe PLZ.
In der Mitte - mit Rolf - Heimo Thomas,
von rechts: Dieter Meck und Gerhard Fischer, hinter der Säule: Gerhard Möller
Foto: Deutsche Post AG

Bereits seit September 1991 berichtete das Mitarbeitermagazin „DIE POST” (Auflage über 500.000) regelmäßig über die Entwicklung. 150.000 Postler mit Kundenkontakt intensivierten ihre Kenntnisse an 2.000 mobilen CLIP-Stationen (Computerunterstütztes Lernen Im Postdienst), das sind Multimedia-Computer mit interaktiven Lernprogrammen. Und schließlich erhielt jeder Mitarbeiter 2 „Spickzettel”, die Argumente für die neuen Postleitzahlen auflisteten und Fragen beantworteten. An CLIP und Spickzettel war ein Gewinnspiel gekoppelt.

Ausländischen Postverwaltungen sandte der POSTDIENST offizielle Verlautbarungen zur Umstellung, um Fehlinformationen zu vermeiden. Darüber hinaus wurden Info-Veranstaltungen vor Ort über die Botschaften organisiert. Der Deutsche Industrie- und Handelstag und der Weltpostverein unterstützten die Aktivitäten. Für ausländische Mitbürger druckte der POSTDIENST 1 Million fremdsprachige PLZ-Broschüren. Schließlich gab der POSTDIENST in Zusammenarbeit mit dem Verein der Auslandspresse eine Pressekonferenz in Bonn.

In Medienkooperation mit dem Kölner Radiosender Deutsche Welle gingen über dessen Programmzeitschrift (Auflage 6,3 Millionen) und einen Kalender (180.000) PLZ-Infos um die ganze Welt. Zudem wurden in 12 europäischen Ländern kostenlose Telefonnummern geschaltet, über die man die neuen Postleitzahlen abrufen konnte. Selbst Urlauber konnten auf Flügen und an beliebten Ferienorten im neuen Postleitzahlenbuch nachschlagen: In Zusammenarbeit mit den Fluggesellschaften Aero Lloyd und Condor sowie 10 führenden Reiseveranstaltern lagen 2.000 Postleitzahlenbücher in aller Welt aus.

Auch deutsche Journalisten wurden umfassend in die Systemänderung eingeweiht. Neben regelmäßigen Pressemitteilungen fand im November 1992 eine 4-tägige Informationsreise statt, die nach Schweden, den Niederlanden und Frankreich führte - den Ländern, bei denen der POSTDIENST wichtige Erfahrungen für die Umstellung gesammelt hatte. Im April erschien zudem ein 40-seitiges „Themen”-Heft in der Fachzeitschrift „journalist”. Und am 29. Januar, als die Postleitzahlen bekanntgegeben wurden, veranstaltete der POSTDIENST die „größte Pressekonferenz Deutschlands”: Zeitgleich in fast 500 Städten wurden den Bürgermeistern die neuen Postleitzahlen ihres Rathauses überreicht.

Einen Tag später konnte jeder Bürger seine neue Zahl beim „POSTDIENST Service Center” in Bonn und Berlin über die kostenlose Telefonnummer 0130/55555 oder per Btx abrufen. 400 Telefonisten stellten einen 24-Stunden-Betrieb her. Außerdem gaben etwa 10 Center-Mitarbeiter bereits seit November Auskünfte zur EDV-Umstellung. Über 1 Million Anfragen gingen bis zum 1. Juli 1993 sowohl via Telefon als auch via Btx ein.

Der Bevölkerung bot der POSTDIENST einen weiteren kostenlosen Service an, der den Umgang mit den neuen Fünfstellern erleichtern sollte: An alle 34 Millionen Haushalte ging ein Schreiben mit einem Formular, über das die Bürger ein persönliches Adressheft anfordern konnten, in das der Postdienst 10 persönliche Adressen mit neuen Postleitzahlen drucken ließ. Fast 4 Millionen nutzten diesen Service - weit mehr als erwartet -, sodass die Auslieferung bis in den September 1993 dauerte.

PLZ-Marke

Erstausgabe: 11. März 1993
Michel-Nr. 1659

Reißenden Absatz fand auch eine Briefmarke „Neue Postleitzahlen”, die in einer Auflage von 30 Millionen Stück herausgegeben wurde. Der Münchener Professor Ernst Jünger hatte sie entworfen; sie zeigte eine 5-ziffrige Postleitzahl und, in Kurzform, die Bedeutung der Stellen.

In den neuen Bundesländern hatte der POSTDIENST mit einem zusätzlichen Imageproblem zu kämpfen: Mit dem Wort „Post” assoziierte die Bevölkerung - nach 40 Jahren DDR - Willkür und Stasi-Methoden. Um dieses Vorurteil aus den Köpfen zu verdrängen, aber auch um für neue Produkte zu werben, schickte der POSTDIENST einen „Post-Truck”, einen amerikanischen Mac-Superliner, durch 34 Städte der neuen Bundesländer. Vor Ort luden die Moderatoren, MDR-Fernsehliebling Hans-Joachim Wolfram und Ex-Eiskunstlaufweltmeisterin Christine Trettin-Errath, Ministerpräsidenten, Bürgermeister und die Einwohner zu einer „5-ist-Trümpf”-Informationsparty ein.

Als weiteren Fernsehstar engagierte das Postleitzahlen-Kommunikationsteam, das seit Mitte Januar 1993 von Walter Maschke geleitet wurde, Rudi Carrell, der - wie Frankenfeld mit seiner ZDF-Sendung „Vergißmeinnicht” - über eine Show die neuen Ziffern bekanntmachen sollte. Ähnlich wie einst Frankenfeld den Postboten Walter Sparbier eingespannt hatte, wählte sich auch Carrell einen POSTDIENST-Mitarbeiter als Assistenten: den Kölner Paketzusteller Stefan Transfeld. Ab dem 9. Mai 1993 präsentierten die beiden 10 Wochen lang jeden Sonntag um 20.15 Uhr im Privatkanal RTL „Die Post geht ab”, eine Wiederauflage von „Am laufenden Band”, das in den 1970er Jahren zum Straßenfeger avancierte. Über die 40 Millionen Postkarten, die dem Postleitzahlenbuch beilagen, konnten die Zuschauer an dem Quiz teilnehmen und Preise in Millionenhöhe gewinnen. Die Kommunikationsexperten bewerteten die Carrell-Show - trotz vieler Unkenrufe in der Presse - als vollen Erfolg.

Eine Novität präsentierte der Postdienst auch in Phase 3 der Kampagne: das Maskottchen „Rolf” mit seinem Wahlspruch „Fünf ist Trümpf”. Die gelbe Zeichentrickfigur, gebildet aus den 5 Fingern einer Hand, stammte aus der Werkstatt des bekannten Hamburger Karikaturisten Ully Arndt. Gesprochen wurde er von dem Schauspieler Rolf Zacher. Rolf, so die Idee, sollte als „Stimme des Volkes” agieren - frech, widerborstig und trotzdem liebenswert. In den Fernseh- und Hörfunkspots trat er als kongenialer Partner gegen die „offizielle” Post-Stimme an, die aus dem Off, dem Hintergrund sprach. Rolf prangte in den Wochen vor der Umstellung auf 29.000 Postautos, 140.000 Briefkästen, auf Plakaten, Fahnen, Aufklebern, Drachen, Wasserbällen und Frisbees. Eine Merchandising-Firma vermarktete ihn als Plüschtier, Weingummi, Schlüsselanhänger und vieles mehr. Schon kurz nach seiner „Geburt” bildeten sich die ersten Rolf-Fanclubs.

Mit freundlicher Zustimmung von Ully Arndt, dem Erfinder von Rolf, sehen Sie die Rolf-Spots hier.

Am 30. Juni 1993 fand im Berliner „Roten Rathaus” die abschließende Pressekonferenz statt, an der neben Dr. Zumwinkel auch Postminister Dr. Wolfgang Bötsch teilnahm. Die Medienpräsenz wertete der POSTDIENST als überragend. Auf dem Platz vor dem Rathaus fand ein Fest statt, auf der eine 2-geteilte Deutschlandkarte von Bürgermeisterin Christine Bergmann und Boxweltmeister Henry Maske auf der einen Seite, Dr. Zumwinkel und Dr. Bötsch auf der anderen symbolisch zusammengeschoben wurde. Eine Rolf-Lasershow beendete den letzten Tag im alten 4-stelligen System.

Postleitzahlen-Präsentation

Postleitzahlen-Party am 30. Juni 1993 vor dem Roten Rathaus in Berlin
von links: Dr. Klaus Zumwinkel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bundespost POSTDIENST,
Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister für Post und Telekommunikation,
(1993 noch Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen)
Ex-Turner Eberhard Gienger, Bürgermeisterin Christine Bergmann, Boxer Henry Maske
Foto: Deutsche Post AG

 Die ersten Wochen mit dem 5-stelligen System 

„Post Neujahr” startete erfolgreicher, als es selbst die kühnsten Marketing-Experten vorausgesagt hatten. Am 1. Juli trugen bereits 57 Prozent aller Briefe die neuen Postleitzahlen, nach einer Woche 78 Prozent, 86 Prozent nach 14 Tagen, 89 Prozent nach einem Monat. Anfang August wurde die 9O-Prozent-Marke überschritten. Private Absender benutzten die neue Postleitzahl mit großem Engagement. Einen Qualitätseinbruch gab es nicht. Nach 2 Wochen lagen bereits wieder weit über 90 Prozent aller Briefe am Tag nach der Einlieferung beim Empfänger. Bundesweit setzte der POSTDIENST rund 1.000 zusätzliche Kräfte bei der Verteilung ein. Wenige Tage nach der Umstellung stellte sich die Routine im Postalltag wieder ein. Die Presse, die noch am letzten Junitag die Umstellung zum Teil kritisiert und unter die Lupe genommen hatte, zollte nun nahezu einmütig Beifall. Redaktionen testeten auf eigene Faust Akzeptanz und Laufzeiten und kamen fast immer zu Ergebnissen, die die POSTDIENST-Zahlen bestätigten. Auch Wilhelm Hübner, Vorsitzender des Verbands der Postbenutzer - des kritischsten Wächters über Postdienstleistungen - ließ über die Agenturen einen Glückwunsch zu den neuen Leitzahlen ausrichten und bilanzierte: „Die Post hat gute Arbeit geleistet.”

Die Großkunden der Post hatten sich, wie sich zeigte, zum größten Teil gut auf den 1. Juli vorbereitet. Kassandrarufe, die vor allem vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Rezession aufgekommen waren, verstummten. Gegenüber den Agenturen zeigten sich viele Firmen voll des Lobes. Theo Schäfer, Sprecher beim Buchclub Bertelsmann, bezeichnete am 14. Juli gegenüber dpa die Umstellung als problemlos, und das Versandhaus Quelle ließ verlautbaren, „wir können überhaupt nicht klagen”. Auch die Frachtkonkurrenten begrüßten die Fünfsteller; der United Parcel Service (UPS) bewertete das neue System als „praktikabel und vorteilhaft”, wie die Frankfurter Rundschau am 23. Juli berichtete.

Irritiert zeigten sich manche Bundesbürger, dass die Schwesterunternehmen Telekom und Postbank Anfang Juli Telefonrechnungen und Kontoauszüge mit alten Postleitzahlen verschickten. Tatsächlich konnten aus Gründen der Abrechnung bis zu diesem Zeitpunkt nicht alle 300 Millionen Datensätze aktualisiert werden.

Seit Mitte Juni hatten sich 7 Mitarbeiter im „Lagezentrum Implementierung neue Postleitzahlen in die Produktion Brief” (LZI), das Postrat Peter Damm leitete, darum gekümmert, dass es zu keinem Einbruch bei den Laufzeiten kam. Auch über den 1. Juli hinaus wurde diese Einrichtung in Darmstadt beibehalten. Rund 350 Telefaxe von den Postämtern gingen täglich ein. Die Dienststellen Briefabgang, Briefdurchgang, Postumschlag, Stadtpost und Briefeingang berichteten über Ergebnisse und eventuelle Probleme mit der neuen Leitzahl. Das LZI-Team war angewiesen, schnell und unbürokratisch zu reagieren und Probleme abzustellen. Darüber hinaus wurde täglich ein Bericht mit aktuellen Zahlen und Grafiken an Dr. Tumm und seine Fachbereichsleiter gesandt.

In der Bonner Generaldirektion kümmerte sich währenddessen die 17-köpfige „Gemeinsame Projektgruppe”, ein Teil der Projektorganisation „LOS” (Leitzahlen - Ortsdaten - Straßendaten), die nun Dieter Meck leitete, um die Zusammenfassung sämtlicher Daten und deren Verwaltung im Kölner Großrechner. Ziel war es, ab Anfang 1994 nicht nur alle Straßen-, Postfach- und Großkundendaten, sondern auch sämtliche Adressen und Telefonnummern der Organisationseinheiten des POSTDIENSTES den Ämtern zur Verfügung zu stellen. Die Verantwortung für die Datenpflege des LOS-Computers übernahmen Organisationsstellen in den Postämtern (V). Vor allem bei kommunalen Umstrukturierungen und Umbenennungen von Straßennamen sollte der Datenbestand möglichst rasch aktualisiert werden.

Der große Informationsbedarf der Bevölkerung zeigte sich auch nach dem 1. Juli. Noch Mitte August wurden beim POSTDIENST mit täglich mehr als 10.000 Anrufen Auskünfte über Postleitzahlen erbeten. Auch die Online-Abfragen über Btx lagen weiter auf hohem Niveau. Im August meldete das „Btx-Magazin” bereits 1,5 Millionen Recherchen. Deshalb erschien es sinnvoll, Geschäftskunden in Zukunft per Datenfernübertragung (DFU) die aktuellen Daten vom Kölner LOS-Rechner online zur Verfügung zu stellen. Nach wie vor wurden Änderungen ab Oktober 1993 vierteljährlich im Amtsblatt der Deutschen Bundespost POSTDIENST angezeigt.

 Die Presse und die neuen Ziffern 

Die Einführung der 5-steiligen Postleitzahlen 1993 hatte mit den im Jahre 1961 eines gemeinsam: das breite Presseecho. Hans Joachim Klimek erinnert sich an die Reaktionen der Journalisten bei Einführung der 4-stelligen Zahlen im Jahre 1961: „Keine im Grunde unpolitische Maßnahme irgendeiner Behörde hat wohl je so intensiv und über so lange Zeiträume hinweg die Presse der Bundesrepublik beschäftigt wie die Einführung der Postleitzahlen.”

Im Jahre 1961 machte anfänglich „das Wortspiel von den ‚Post-Leid-Zahlen’ die große Runde” (Klimek). Daran änderte sich auch gut 30 Jahre später nichts. Denn Kummer mit den „Leidzahlen” hatte am 30. Januar 1993 auch Hans Onkelbach in der „Rheinischen Post”, der damit das 30 Jahre alte Wortspiel wieder in den Medienhimmel katapultierte. Und Uwe Rada setzte in der „tageszeitung” vom 1. Februar 1993 noch eins drauf, als er „Postleidqualen” verspürte. Dagegen war der vom ehemaligen Regierungssprecher Peter Boehnisch gezogene Vergleich „Postleitzahlen als Leidenszahlen” („BILD” vom 3. Februar 1993) geradezu prosaisch. Der „Hanauer Anzeiger” indes warnte seine Leser vor dem Genuss von allzuviel „Post-Leid-Salat” (Ausgabe vom 17. Februar 1993). Denn der, so die „Frankfurter Rundschau” am 30. April 1993, sei „schwer verdaulich”. Insbesondere die Kosten der Umstellung standen zu Beginn der Berichterstattung im Mittelpunkt. Aber bereits zu diesem Zeitpunkt sahen zahlreiche Kommentatoren die Notwendigkeit einer Postleitzahlen-Reform im wiedervereinigten Deutschland. Ein Beispiel aus der „Ems-Zeitung” vom 24. November 1992: Kommentator Michael Able, der zwar die hohen Kosten im Blick hatte, zeigte trotzdem Verständnis für die Umstellung des Systems. Als Grund nannte er die veränderte Situation im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands.

Viele Journalisten gingen auf andere Qualitätsverbesserungen ein. Doreen Kümpel reimte in der „Ostthüringischen Zeitung” vom 19. August 1992: „5 statt 4 - die Post ist dann viel schneller hier”. Sie begrüßte auch, dass das durch die Wiedervereinigung notwendig gewordene „W” bzw. „0”, das „fleißige Briefleinschreiber bislang vor die Postleitzahl kritzeln müssen”, durch die Umstellung entfällt. Außerdem hofften zahlreiche Journalisten, der POSTDIENST werde durch das neue Zahlensystem schneller und billiger. Die „Neue Presse” in Coburg titelte am 17. November 1992: „Neue Postleitzahlen - neues Tempo”. Rita Löffler freute sich 6 Tage später in der „Ostseezeitung” über eine vereinfachte Auslieferung dank der neuen Zahlen.

Doch obwohl zahlreiche Journalisten den Wegfall des Zusatzes „W” und „O” begrüßten und Vorteile des 5-stelligen Systems herausstrichen, tauchten immer wieder einzelne Kritikpunkte auf. Als bekannt wurde, dass Sachsen und Teile Sachsen-Anhalts als 1. Ziffer eine Null erhalten sollten, protestierte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Werner Münch. „Wir wollen die Null nicht”, ließ er die Journalisten wissen. Der Tenor: Die Bürger wollten „nicht die Nullen der Nation sein”, so u.a. der „Berliner Kurier” am 27. November 1992. Da nützte auch der Trost von Burkhard Straßmann in der „tageszeitung” vom 21. November nichts, als er die Sachsen darauf hinwies, „dass auch das ewige Rom eine Null hat”.

Ungeachtet dessen lobte die „Freie Presse” das neue System. In ihrer Ausgabe vom 28./29. November 1992 schrieb das Blatt: „Die Null steht jetzt schon fest.” Diese „Null” jedoch begrüßte der Kommentator: „Das System ist übersichtlicher und ermöglicht eine rationellere und zuverlässigere Bearbeitung von Postsendungen, sowohl im Brief- als auch im Frachtdienst.” Verständnis für das neue Zahlensystem, das die Post nach streng logistischen Anforderungen entwickelt hat, brachte auch die „Leipziger Morgenpost” auf. Dort jubelte der Kommentator am Tag vor dem Heiligen Abend 1992: „Damit ist Deutschland bei den Postleitzahlen endlich vereint.”

Kritisiert wurde am neuen System auch, dass durch dieses scheinbar neue Zuordnungen eintraten. So ist beispielsweise Bayern nicht mehr nur durch die 1. Ziffer, die 8, identifizierbar (auch im alten System gab es schon Ausnahmen). In Diskussionsrunden zeigten sich die Teilnehmer dann immer sehr kompetent und aufgeschlossen für die notwendige Ziffernvergabe.

Nach Verteilung der Postleitzahlenbücher, spätestens aber mit dem 1. Juli, verebbte diese Kritik zusehends. Nahezu in allen Zeitungen wurde die Umstellung schlagartig begrüßt. „Kein Ärger mit den neuen Zahlen”, bilanzierte am 1. Juli 1993 die „Saarbrücker Zeitung”. So habe die Post in Saarbrücken nach eigenen Angaben „mit keinerlei Schwierigkeiten zu kämpfen”. Die „Mitteldeutsche Zeitung” meldete am 2. Juli: „Es begann ganz undramatisch.” Und einen Tag später berichtete der Kölner Stadtanzeiger, die Post sei „mit der Umstellung zufrieden”. Am 2. August resümierte die „Rheinische Post” die vergangenen Monate: „Aus gelber Gefahr wurden 5 Richtige.”

Doch auch bereits vor dem 1. Juli hatte es nicht nur verständnisvolle, sondern auch sympathisierende Kommentare gegeben. Vor allem zeigten sich einige Zeitungen von Maskottchen Rolf begeistert - etwa der „Ostholsteinische Anzeiger” vom 29, August 1992, 5 Tage später die „Rheinische Post” und die „Magdeburger Volksstimme” sowie am 4. Februar 1993 die Zeitung „Die Woche”. Rolf war zeitweise so populär, dass die „Bonner Rundschau” am 1. Juli 1993 resümierte: „Bezeichnend, dass viele Bürger Rolfs starke Sprüche auswendig können, aber nicht einmal ihre eigene neue Postleitzahl.”

Joachim Neander von der „Welt” schließlich lieferte mit einem sehr nüchternen Fazit eine Art „Moral von der Geschichte der neuen Postleitzahlen”: Er brachte Probleme, Beifall und Einwände unter einen Hut: „Hier wird an einem relativ einfachen Beispiel deutlich, wie schwierig der Weg in die Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse in Deutschland noch sein wird.”

 Persönliches Schlußwort des Autors 

„Seit der Postreform I im Jahre 1989 befindet sich der Postdienst in einem ständigen Wandel. Strukturen werden geändert, Systeme umgestellt, das Selbstverständnis wandelte sich zu dem eines modernen Dienstleisters.

Die Einführung der Postleitzahlen war eine Voraussetzung, um den Anforderungen der Kunden gerecht werden zu können: höchste Qualität zu fairen Preisen. Denen, die dieses ermöglicht haben, schuldet der POSTDIENST Dank: Das sind die Kunden und Meinungsbildner, die ihn mit Hinweisen oder konstruktiver Kritik unterstützten, und vor allem seine Mitarbeiter. Der Nachweis ist erbracht, dass der Postdienst auch höchst komplexe und umfangreiche Projekte bewältigt. Dies wird das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Unternehmens stärken.”

Siehe auch der Bericht zum 20-jährigen Jubiläum der 5-stelligen Postleitzahl in der Chronik KEP April bis Juni 2013.

Alle Fotos: POSTDIENST-Archiv bzw. Archiv der Zeitschrift DIE POST.

Die Generaldirektion informierte nicht nur die Öffentlichkeit. In einem locker aufgemachten Magazin informierte sie auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Hintergründe und Sinn und Zweck des neuen Systems. Hier der Magazin-Titel und das gesamte Magazin im PDF-Format.

Magazin-Titel


Postleitzahlensuche

Außer im Postleitzahlenbuch läßt sich die Postleitzahl zu einer Adresse oder - in der Rückwärtssuche - der Ort zu einer Postleitzahl auch im Internet finden. Hier einige Links:

Deutsche Post:
http://www.postdirekt.de//plzserver/

Das Telefonbuch:
http://www.dastelefonbuch.de/Postleitzahlen.html

Das Örtliche:
http://www.dasoertliche.de/postleitzahlen/

klickTel.de:
http://www.klicktel.de/postleitzahlen/